Basler SP setzt auf Sicherheit statt Quoten-Frau
Von PETER KNECHTLI
Es wäre übertrieben, festzuhalten, die Basler SP-Nationalrätin und Gewerkschafterin Silvia Schenker sei am Montagabend in aufgeräumter Stimmung vor die Versammlung zur Nomination der drei Regierungsrats-Bewerbungen 2008 getreten. Ihr Auftritt war kein Reisser: Sie wirkte defensiv und angespannt, ein Feuer mochte sie unter der SP-Basis nicht zu entfachen. Vielmehr schien sie geahnt zu haben, was sich im "Sudhaus" zusammenbraute: Obwohl sich ihre Anhängerinnen und Anhänger auf die statutarische Geschlechter-Parität beriefen, nahm die deutliche Mehrheit der Partei-Basis erneut Abstand von der Quoten-Regelung, die dadurch schon einen anachronistischen Nimbus erhielt.
Die Meinung war klar: Die SP wollte neben der amtierenden Eva Herzog und Christoph Brutschin, dem Favoriten unter den Neukandidierenden, keine "Quoten-Frau", die die Nomination einzig aufgrund einer Regelung im Parteigesetz schaffte, und nominierte Hans-Peter Wessels.
Als die drei SP-Bewerbungen schliesslich feststanden, war nicht wenigen Genossinnen und Genossen die Enttäuschung über die – formell mögliche – Ausserkraftsetzung der Quotenregelung ins Gesicht geschrieben. Einigen Delegierten sass der Schock offenbar so tief, dass sie nicht oder nur lustlos in den Schluss-Applaus einstimmen mochten.
In der Tat ist von Kampfstimmung innerhalb der Basler SP noch nichts zu spüren. Aufbruch sieht anders aus. Nicht einmal, als Parteipräsident Thomas Baerlocher Kampfgeist zu wecken versuchte ("Wir wollen wieder die Rot-grün-Mehrheit in Basel"), brauste Zwischenapplaus auf. Die Basis der Gleichberechtigungs-Partei ging auf Nummer sicher: Lieber die Mehrheit als die Quote.
Angesagt waren eher verbale quotenpolitische Ersatzhandlungen: Die amtierende Finanzdirektorin Eva Herzog als "exekutive Lichtgestalt" zu mystifizieren, wie es ein Delegierter tat, geht bei allem Respekt vor ihrer Leistung zu weit. Sie hat in ihrer ersten Amtszeit mit der Pensionskassenreform und dem Steuersenkungsprogramm zwei wirkliche Glanzpunkte hingelegt. Es ist aber ebenso zutreffend, dass der Druck und die Kompromissbereitschaft auf bürgerlicher Seite zumindest die Steuerrunde massgeblich mitangetrieben haben. Die Kassenwartin hat insofern mehr rechtes als linkes Profil gezeigt – beste Voraussetzungen zu einer Wiederwahl.
Die Nomination von Brutschin und Wessels ist wahltaktisch äusserst geschickt: Brutschin, ein hochanständiger Politiker mit exzellentem ökonomischem Sachverstand, steht in grundsätzlichen Positionen klar links, ohne dass ihm die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen der Wirtschaft fremd wären. Er zählt in diesem Kanton zu den Wirtschaftspolitikern par excellence, der den Vergleich mit bürgerlichen Experten nicht zu scheuen braucht. Auch die Frohnatur Wessels, die in "Converse"-Turnschuhen und "Tommy Hilfiger"-Hemd vor die Basis trat, ist sozial, aber wirtschaftsfreundlich und agil. Auch neuen wissenschaftlichen Technologien wird der Biochemiker offen gegenüber stehen. Es dürfte der bürgerlichen Konkurrenz somit schwer fallen, dass SP-Trio – und insbesondere die Neunominierten – in die unternehmensfeindliche Ecke zu stellen.
Wenn also Parteipräsident Thomas Baerlocher von einer "leisen Enttäuschung" eines Teils der Basis über das rot-grüne Fazit sprach, so stehen die Chancen gut, dass sich dieser Befund nach vier weiteren Jahren rot-grüner Regierungs-Mehrheit wiederholen wird: Eine rot-grüne Mehrheit ist keine rot-grüne Diktatur, sie kann deutliche Akzente setzen, muss aber der starken bürgerlichen Minderheit ebenso gerecht werden.
Mann kann es drehen und wenden, wie mann will: Die SP hat mit der Nomination von Herzog, Brutschin und Wessels die besten Voraussetzungen geschaffen, um die rot-grüne Mehrheit um eine Legislatur zu verlängern. Der insgesamt wirtschaftsfreundliche Personen-Mix bietet der politischen Gegnerschaft die geringsten aller denkbaren Angriffsflächen.
Doch noch ist die Wahl längst nicht geschafft, der Kampf beginnt erst: Die nicht geringe Zahl an Quoten-Befürwortenden innerhalb der SP und insbesondere der unterlegene Gewerkschaftsflügel muss erst noch überzeugt, motiviert und mobilisiert werden, wenn vom links-grünen Wahlplakat eine Frau und drei Männer lächeln.
Bericht: Basler SP mit Herzog, Brutschin und Wessels
15. April 2008