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Nein zur Fusion – und eine gereckte regierungsrätliche Faust
Es war ein kräftiger Appell gegen eine Fusion des Baselbiets mit Basel-Stadt: Gut 400 Fusionsgegner bestärkten sich heute Sonntag an einem Fest auf dem Leimenhof in Wenslingen in ihrem Willen, autonom zu bleiben.
Wenslingen, 24. August 2014
Es war ausser Zweifel, dass es den Wiedervereinigungs-Gegnern gelungen war, Anhängerschaft zu mobilisieren. Stoppelfelder verwandelten sich zu riesigen Parkplätzen. Die Freunde der freien Fahrt des autonomen Baselbiets waren alle per Auto angereist auf den Leimenhof oberhalb von Wenslingen, um sich Mut für ein Nein zur Wiedervereinigung am 28. September zuzusprechen. Im Gras ruhte die monumentale Baselbieter Fahne, die temporär auch die Sissacher Fluh geschmückt hatte. Im Boden ruht eine frisch gepflanzte "Freiheits-Linde" ("Freiheit ist über Silber und Gold").
Regierungs-Mehrheit markierte Präsenz
Die SVP-Anhängerschaft mitsamt ihren politischen Würdenträgern wie Kantonalpräsident Oskar Kämpfer, Nationalrat Thomas de Courten oder alt-Nationalrat Caspar Baader dominierte das Bild am "Freiheitsfest" des Komitees "Pro Baselbiet". Die fusionsgegnerische Mehrheit der Baselbieter Regierung – Sabine Pegoraro, Thomas Weber und Anton Lauber – war ebenso zugegen wie die der SVP nicht ganz abgeneigte FDP-Regierungsratskandidatin Monica Gschwind. Im frühen Nachmittag stiess auch der frührere FDP-Nationalrat Hans Rudolf Gysin noch zur Festgemeinde. Selbst einige Autos mit BS-Kennzeichen fanden den Weg zum Tafeln an die Demonstration der Autonomie auf dem Tafeljura.
Geprägt war der Anlass durch gemütliche Stimmung und verhaltenem Optimismus, dass sich ein Nein im Baselbiet durchsetzen könnte. Im Oberbaselbiet scheint das Nein sicher. Doch auch im unteren Kantonsteil, so die Meinungen, könnte die derzeit wahrnehmbare Gleichgütigkeit der Fusions-Frage gegenüber ein Indiz dafür sein, dass nach wie vor keine Grundwelle für einen Zusammenschluss der beiden Basel im Entstehen sei.
Ovationen und Bravo-Rufe
Jodelklänge, Florian Schneider (Gesang und Gitarre) und Adam Taubitz (Violine) sowie der Alleinunterhalter "Fredy solo" boten den musikalischen Rahmen einer Veranstaltung, die sich von einer Art Buurezmorge zu einer handfesten politischen Manifestation entwickelte. Gleich zweimal wurde das "Baselbieter Lied" gesungen, mehrmals gab es stehende Ovationen und Bravo-Rufe.
So, als Thomas Weber, einziger SVP-Mann in der Baselbieter Regierung, seine Ansprache hielt. Zur Freiheit eines Staates gehörten ganz zentral seine Selbstständigkeit und seine Souveränität – auf kantonaler wie auf Bundesebene. Das Baselbiet sei weiterhin sehr gut in der Lage, seine Angelegenheiten eigenständig und unabhängig zu regeln. Baselland habe eine der tiefsten Arbeitslosenquoten überhaupt, sagte Weber. Dies ohne freilich zu deklarieren, dass zahlreiche Baselbieter ihr Einkommen in Basel-Stadt erzielen.
"Höhere Steuern und Gebühren"
Bei einer Fusion der beiden Kantone würden die staatlichen Leistungen dem höheren Niveau angepasst: "Die Verwaltung wächst, die Personalkosten steigen und damit auch die Gebühren und Steuern." Um dies zu erkennen, sei weder eine Simulation noch ein Verfassungsrat nötig. Weber hielt es für unbedeutend, dass das Baselbiet seine Rechte und Pflichten in über hundert Staatsverträgen mit Basel-Stadt regele: "Jedes grosse Unternehmen hat hunderte Verträge abgeschlossen."
Weber kam auch auf die Gegner der Selbstständigkeit zu sprechen: "Sie geben sich 'offen' und verachten die 'Hülftenschänzler' oder die 'isolierten Scheuklappen-Schweizer'. Dabei merken sie nicht, dass wir genau diese Arroganz und Überheblichkeit nie akzeptieren werden." (Langer Applaus) Grösser sei nicht besser, sondern: "Freier ist besser."
"Partnerschaft weiter vertiefen"
Der Regierungsrat pries sodann das in ländlichen Gebieten noch stark vertretene Milizwesen. Aber: "Je städtischer ein Gebiet wird, desto schneller hört man den Ruf nach Professionalisierung und Qualitätssicherung der Behördenarbeit." Aber die städtisch geprägte Entwicklung sei teuer, wie die neu geschaffene Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde oder die Stiftungsaufsicht zeige. Baselland als zentraler Kanton am Juranordfuss habe die Aufgabe "Motor für die Weiterentwicklung der ganzen Region zu sein".
Das Baselbiet soll nicht krampfhaft "Energie vergeuden, indem es Grenzen ausradiert, die für die Bevölkerung völlig bedeutungslos sind", sagte Weber weiter: "Ignorieren wir doch die Grenzen einfach dort, wo die keine Rolle spielen, und respektieren wir sie dort, wo sie uns nützen." Der Schlüssel für eine vertiefte Zusammenarbeit liege in einer vertieften Zusammenarbeit der beiden selbstständigen und souveränen Kantone: "Unser Föderalismus, ein Modell für die ganze Welt, ist das Erfolgsrezept." Ein lange anhaltender Applaus quittierte Webers Rede und ihren Schluss-Satz ("Wir sind und bleiben Baselbieter"), während er ungewohnt kämpferisch – wie ein Che Guevara der Rotstäbler – die rechte Faust in die Luft reckte (Aufmacher-Bild oben).
26 Millionen für "Gesetzes-Fabrikanten"
Zuvor hatte der Tecknauer Schriftsteller Hans A. Jenny in einer bejubelten, pikant gewürzten Rede davor gewarnt, den "Fusionisten" auf den Leim zu gehen. Allein die Arbeit der "Gesetzes-Fabrikanten" – gemeint waren die 125 Verfassungsräte – koste in zehn Jahren 26 Millionen Franken.
O-Töne vom Leimenhof: Warum gegen eine Kantons-Fusion?
Weiterführende Links:
- Fusions-Freunde: "Jetziger Zustand ist undemokratisch"
- Fusionskritiker: "Rotstab-Lied" gegen Wiedervereinigung