«Barrierefrei» in Basel und Frankfurt
Das kommt dem Basler Leser doch bekannt vor. Der Schriftsteller Andreas Maier berichtet in der jüngsten Ausgabe des Magazins Volltext aus Frankfurt: «Zeit meines Lebens hat sich an dieser Stelle eine ganz normale Strassenbahnhaltestelle befunden. Diese wurde nun ‹barrierefrei› umgebaut, das heisst, das Trottoirniveau wurde um dreissig Zentimeter angehoben, zudem wurde die Strassenbreite verringert und auf dem erhöhten Trottoir ein Radweg zwischen Strasse und Gehweg installiert. Der Fahrkartenautomat steht nun so, dass man erst über den Radweg muss, um zu ihm zu gelangen. Wenn man in die Bahn einsteigen will, muss man ebenfalls über den Radweg, auf den natürlich niemand achtet, da es ihn vorher nie gegeben hat. Nur die Radfahrer beharren unbedingt auf ihm und ihrer neuen Vorfahrt. Schon während des Umbaus dachten alle, die dort verkehren: Was machen die denn da bloss? (…) Wer also von einer Strassenseite zur andern will, muss über all diese Hindernisse hinweg, übrigens auch alle Rollstuhlfahrer (barrierefrei!). Ich gab Wetten ab, wann und wie ich dort den ersten Unfall sehen würde.»
Die Verkehrskommission des Basler Grossen Rates hat zum Thema Kaphaltestellen, die nun offenbar auch in Frankfurt installiert werden, viele Seiten in ihren Berichten geschrieben. Auf ihren Antrag wurde auch vor dem Kunstmuseum eine Kaphaltestelle mit Veloerleichterung gebaut – gegen die ursprüngliche Absicht des Baudepartements. Denn was der Frankfurter Schriftsteller ausser Acht lässt: Ohne die zusätzliche Radspur müssten die Velofahrenden zwischen den Tramgleisen und der in Basel 27 Zentimeter hohen Trottoirkante hindurchbalancieren, wie es an verschiedenen andern Orten der Fall ist.
Lieber Zebrastreifen benutzen
Zum besseren Verständnis der Situation am Kunstmuseum: Die Velospur ist rotlichtgesichert, wenn ein Tram einfährt. Die Fussgängerinnen und Fussgänger müssen sich darauf verlassen können, wenn sie ins Kunstmuseum oder zum Billetautomaten eilen. Aber sonst hat es schon seine Richtigkeit mit dem ironisch apostrophierten «barrierefrei». Für den Fussweg empfiehlt es sich, den Zebrastreifen zu benutzen und nicht in direkter Linie über die Trottoirkante zu hüpfen, wie das am Bahnhof SBB immer wieder zu beobachten ist.
Für die Einmündung des Velowegs in die Fahrbahn und dann in den Kunstmuseum-Kreisel wurde eine perfektionistische Konstruktion gewählt, die die original runde Gestaltung des Kunstmuseum-Vorplatzes verunstaltet. Also doch wie in Frankfurt: «Was machen die denn da bloss?»