Kolumne: «Schinzel Pommes»

Basel(biet) remixed

Der Kolumnist und FDP-Landrat empfiehlt den Parlamenten beider Basel ein Kulturbad fern von zu Hause.

Grossratssaal Basel-Stadt und Landratsaal Baselland
«Jo, dört möcht i syy!» vs. «Dört obe weide d Härde». (© Fotos: Michael Fritschi / Kanton BL)

Basel und Baselland – das ist seit der blutig besiegelten Trennung vor 192 Jahren an der Hülftenschanz eine unendliche Geschichte. Polit-Keilereien und Partnerschaft, hehre Zusammengehörigkeitsgefühle und kleinliche Sticheleien wechseln im Tagesrhythmus. Bilder von «Syydebändel-Dalbanese» und Rampass-Bauerntölpeln halten sich hartnäckig in den Köpfen. «Batzechlemmer» hüben wie drüben führen minutiös Buch und rufen bei jeder Gelegenheit «Übervorteilung!». Es finden sich immer beflissene Lokalpatrioten, die registrieren, wie oft Landschäftler SUV die schwindenden Basler Parkplätze in Beschlag nehmen und wie viele städtische Bleichgesichter den Einheimischen auf der Belchenflue in der Sonne stehen.

Debatten über die gemeinsame Universität und die Spitäler sind undenkbar ohne schräge, oft auch schrille Töne. Für mich ist klar: Es braucht einen Polit-Reset zwischen den Höhen des Faltenjuras («Dört obe weide d Härde») und den Gestaden am Rheinknie («Jo, dört möcht i syy!»).

Beim Frühfranzösisch erwägt man, Primarschulklassen für eine gewisse Zeit ins Sprachgebiet zu schicken, damit sie in ein belebendes Sprachbad eintauchen. Etwas Ähnliches, ein Kulturbad fern von zu Hause, empfehle ich den Parlamenten unserer beiden Kantone. Der Grosse Rat soll für sechs Monate im Liestaler Regierungsgebäude politisieren, während der Landrat ins ehrwürdige Rathaus am Basler Marktplatz disloziert. Die 100 Grossrätinnen und Grossräte müssten im für 90 Personen ausgelegten Landratssaal zusammenrücken. Das wäre der fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit, der parlamentarischen Effizienz und dem Verständnis für die spartanischen Verhältnisse auf dem Land indes nur zuträglich.

Der Landrat seinerseits würde in den reichhaltig verzierten, neugotischen Grossratssaal einziehen. Einigen Baselbieter Parlamentariern sollte man vielleicht vorsorglich erklären, dass der rüstungsbewehrte Ritter mit goldenem Helm im Hof des Rathauses, an dem sie vorbeigehen, ein Römer ist und kein von den Baslern perfid hingestellter Gessler, der den demütigen Gruss der Landschäftler einfordert.

Grossratspräsident Balz Herter müsste sich an die Darstellung der agrarischen Produktivität des Baselbiets hinter sich gewöhnen.

Zwischenfrage: Habt ihr Basler bei der Neugestaltung des Grossratssaals im Jahr 1901 tatsächlich die Malereien von Hans Holbein dem Jüngeren aus dem frühen 16. Jahrhundert beseitigt? Und IHR werft uns Baselbietern fehlende kulturelle Sensibilität vor? Landratspräsident Reto Tschudin (SVP) würde sich unter dem Bild des Rütlischwurs über seinem neuen Präsidentenstuhl zweifellos wohlfühlen. Grossratspräsident Balz Herter müsste sich an die Darstellung der agrarischen Produktivität des Baselbiets hinter sich gewöhnen («Die and’re schaffe s Fäld»).

Die Regierungen lassen wir vor Ort. Jemand muss Rede und Antwort stehen, wenn die ausgetauschten Parlamente mit Eifer daran gehen, die Läden umzukrempeln. Am Marktplatz würde der Bau des Rheintunnels und des Zubringers Bachgraben-Allschwil im Handumdrehen zu Top-Prioritäten erklärt. Wann, wenn nicht jetzt, könnte man die notwendigen Millionenkredite locker durchwinken? In Liestal dürfte sich die Basler Geschäftsprüfungskommission über die Basellandschaftliche Kantonalbank beugen. Das Fazit wäre rasch klar: Geschäfte in «Ziiri» können nur grandios scheitern. Das wissen die «Bänggler» der Basler Fasnacht seit Jahrzehnten.

Weitere Sofortmassnahmen des Landrats in Basel: Einführung eines quartalsweise zu wiederholenden Genussmonats «Bio-Fleisch vom Baselbieter Puur» in der Mensa der Universität und General-Sutter-Kirsch à discrétion im Grossratscafé. In Liestal würde der Grosse Rat das ambitionierteste Seilbahnprojekt Europas beschliessen: Gondel-Verbindung von Riehen auf die Wasserfallen, mit Zusteigemöglichkeiten am Marktplatz, am Bahnhof SBB und in Liestal. Lastenvelos dürften kostenlos mitgeführt werden.

Wie sang doch Udo Jürgens: «Mein grösster Wunsch – Seid radikal in euren Träumen». Let’s start! Lüften wir unsere Köpfe, im Landrat und im Grossen Rat!

Kolumne: «Schinzel Pommes»

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