Der spartüchtige Verleger Peter Wanner rettet den «Schwarzbueb»
Die legendäre Jahreschronik aus dem Medienkonzern CH Media ist nicht rentabel und hätte eingestellt werden müssen. Ein Hilferuf stimmt den Aargauer Medienunternehmer um.
Es ist ein Medienprodukt aus tiefer analoger Vergangenheit, das den Sprung in die digitale Welt geschafft hat: «Dr Schwarzbueb», das rund 150 Seiten dicke Buch, das jährlich im Herbst erscheint und sich hauptsächlich an die Bevölkerung des solothurnischen Schwarzbubenlandes und des Laufentals richtet.
Dass es in einer aktuellen Auflage von noch 2500 bis 3000 Exemplaren der Digitalisierung und veränderten Medienkonsum-Gewohnheiten standgehalten hat, hat so etwas wie Einmaligkeitswert.
Ein «Werk für das Volk»
Der Dichter Albin Fringeli aus Nunnigen gründete den «Schwarzbueb» vor 102 Jahren. Historiker und Verlagsfachleute begründen die Überlebensfähigkeit der Publikation mit der starken Verankerung in der weitgehend ländlichen und vielleicht noch nicht so stark digital orientierten älteren Bevölkerung im Verbreitungsgebiet.
Als Herausgeber und publizistisch Verantwortliche firmieren seit acht Jahren der Historiker Klaus Fischer und der Breitenbacher Germanist Thomas Brunnschweiler. Sie steuern jeweils auch Artikel bei; die Mehrheit der Beiträge stammt jedoch von engagierten, in den Gemeinden verankerten Fachleuten. Sie werden mit 100 Franken pro Buchseite entschädigt.
Diese verfolgen heute noch das Ziel, das Gründer Fringeli in der ersten Ausgabe verkündet hatte: Der Jahreskalender soll ein «Werk für das Volk» sein, «den Menschen den Spiegel vorhalten» und die «heimatliche Scholle pflegen», wie die bz vor einigen Jahren berichtete.
Auch Platz für Nachrufe
Verlag, Druck und Verkauf sind Sache der zu CH Media gehörenden CH-Regionalmedien AG mit Sitz in Liestal. Das Layout besorgt ein Mitarbeiter des Wochenblatts Birseck/Dorneck. Das Buch ist zum Preis von 16 Franken an Kiosken, im Buchhandel, in Papeterien, Geschäften und Gemeindeverwaltungen zu kaufen.
Jedes Jahrbuch steht jeweils unter einem übergeordneten Motto: Ging es einmal um das Thema Freizeit, dominiert der Schwerpunkt Jugend die aktuelle Ausgabe 2025. Doch auch eine Chronik der laufenden Ereignisse wie Konzerte, Veranstaltungen und Politik, sodann «Vermischtes» sowie zugeschickte Nekrologe verstorbener Bezirksbewohner samt Foto sind darin enthalten.
CH-Media-Tochter wollte einstellen
Doch das Weiterbestehen des «Schwarzbueb» war in letzter Zeit nicht mehr vorbehaltlos gesichert. Von Rentabilität ist keine Rede mehr: Die Auflage hat sich innerhalb von 25 Jahren mehr als halbiert, heute ist das Jahr- und Heimatbuch «leicht defizitär», wie CH-Media-Sprecher Philipp Felber-Eisele gegenüber OnlineReports erklärt.
Vor rund drei Jahren suchte der Aargauer Multimedia-Verlag eine neue Trägerschaft. Daraus habe sich aber «keine befriedigende Lösung, die den Fortbestand des ‹Schwarzbueb› garantiert hätte», ergeben. Folge: Die CH-Regionalmedien AG beschloss sogar, das Traditionsbuch mit der Ausgabe 2024 einzustellen.
Fischer kam mit Wanner ins Gespräch
Da erwies sich als Vorteil, dass Herausgeber Klaus Fischer ehemaliger Solothurner CVP-Regierungsrat war und den Präsidenten des CH-Media-Konzerns Peter Wanner persönlich kannte. Fischer nahm mit Wanner Kontakt auf und der erklärte sich zu einem lokalkulturellen Gipfeltreffen bereit.
Wanner war der «Schwarzbueb» in seinem Produkte-Portfolio nicht näher bekannt. Während eines vereinbarten Gesprächs in einem Restaurant in Kriegstetten machte Fischer dem Verleger die Folgen eines Verzichts auf eine weitere Herausgabe bewusst. Sinngemäss: «Das gäbe eine Revolution.»
Fischer taktierte geschickt, als «fairer Bildungswissenschafter, der ein Gespräch ruhig und beharrlich angeht und auf sein Gegenüber eingehen kann», wie ihn sein früherer Baselbieter Amtskollege Peter Schmid einschätzt.
Prompt liess sich der kulturbeflissene Verleger Peter Wanner, im Umgang mit dem spitzen Sparstift in seinen Printmedien in den vergangenen Jahren geübt, vom ehemaligen Solothurner Bildungsdirektor überzeugen. Er habe dabei versprochen, dass der «Schwarzbueb» nicht eingestellt, sondern weiterhin erscheinen werde, wie Fischer Informationen von OnlineReports bestätigt. Wanners Liestaler Tochtergesellschaft erhielt von oben eine entsprechende Weisung.
Dank ETH ins digitale Zeitalter
Konzernsprecher Felber-Eisele begründet die revidierte Position heute so: «‹Dr Schwarzbueb› ist ein Stück Heimat, ein Stück regionale Identität. Dieser Tatsache tragen wir mit unserem Engagement Rechnung.»
Auf die OnlineReports-Frage, auf welchen Zeithorizont hinaus die Herausgabe des «Schwarzbueb» gesichert sei, antwortet Felber-Eisele: «Solange eine Nachfrage nach der Publikation besteht.»
Diese Information lässt die Autoren aufatmen. Der Verlag arbeitet zudem daran, das Kulturgut aus der Solothurner Exklave ins digitale Zeitalter zu transferieren: Die ETH soll sämtliche Jahrgänge seit der Gründung digital aufbereiten und der Öffentlichkeit online zur Verfügung stellen. Demnächst wird der vollständige Satz an die Hochschule ausgeliefert. «Das sind Dokumente der Zeitgeschichte und deshalb besonders wertvoll», so der CH-Media-Sprecher weiter.