Ich liebe nun einmal das Papier

Wollen die Verleger den Liebhabern der gedruckten Zeitung das Lesen vermiesen? Man könnte es meinen.

Verknitterte Basler Zeitung
Wie wenn sie eine Kuh im Maul gehabt hätte. (Bild: Alessandra Paone)

Nein, es ist kein Widerspruch, für ein Onlineportal zu schreiben und gleichzeitig für die gedruckte Zeitung zu schwärmen. Ich liebe nun einmal das Rascheln, wenn ich die Zeitung durchblättere, oder reisse gerne eine Seite heraus, die ich später noch lesen möchte. Ob ich es dann tatsächlich tue, ist ein andere Frage. Doch was man schwarz auf weiss besitzt … Der Wille ist jedenfalls immer vorhanden. Und ja, den Geruch von Druckerschwärze mag ich halt auch.

In letzter Zeit hat meine Freude allerdings einen gehörigen Dämpfer erfahren. Das Papier meiner Zeitung ist nicht mehr das, was es einmal war. Schon am Morgen, wenn ich das Blatt aus dem Briefkasten nehme, sieht dieses manchmal aus wie ein Stück Altpapier – etwa dann, wenn sie unterwegs einen Regenspritzer abbekommen hat. 

Und wenn ich sie dann erst durchgeblättert habe. Früher sagten wir etwas derb: Wie wenn sie eine Kuh im Maul gehabt hätte. Dabei habe ich vom Lesen noch gar nicht gesprochen. Da weiss man nämlich bei der schieren Durchsichtigkeit des Papiers mitunter gar nicht, ob man nun die Vorderseite liest, oder ob da nicht doch ein Teil der Rückseite dazwischenfunkt.

Dass unter diesen Umständen ein Zeitungsexemplar, wie sich die Chefredaktoren und Verleger früher gebrüstet haben, gar von zwei oder noch mehr Personen gelesen wird, ist kaum mehr vorstellbar. Papierfetzen zusammenfügen, ist schliesslich nicht jedermanns Sache. 

Nein, ein Lesevergnügen ist das wahrlich nicht mehr. Dann doch lieber am Bildschirm lesen.

Vielleicht müssen wir uns halt gerade an diese alten Tanten halten.

Dabei werde ich allerdings den Eindruck nicht ganz los, dass man uns Papierfreaks die gedruckte Zeitung richtiggehend verleiden möchte. Um bald schon wie bei 20 Minuten ganz auf den Druck verzichten zu können. Warum auch sollten trotz gegenteiliger Beteuerungen weitere Schritte des nämlichen Medienhauses in diese Richtung nicht doch folgen?

Immerhin: Noch sind die Zeitungen, deren Papier beim Durchblättern noch raschelt und deren Seiten nicht beim ersten Umblättern zerfleddern, nicht ausgestorben. Und vielleicht müssen wir uns halt gerade an diese alten Tanten halten, die es uns zwar mit ihrer politischen Orientierung nicht immer ganz einfach machen, dafür aber noch ein Leseerlebnis bieten.

Und die auch noch nach Druckerschwärze riechen.

Glosse

Kommentare