Neujahrsgedicht

Trotz allem: Prosit 2026!

Ein Blick auf das vergangene Jahr zeigt: Es ging unserer Welt schon besser.

US-Präsident Donald Trump mit Fifa-Präsident Gianni Infantino
Reich beschenkt: US-Präsident Donald Trump mit Fifa-Chef Gianni Infantino (rechts). (© Foto: whitehouse.gov / CC by 3.0 US)

Gehört er schlicht in ein Spital, der neue Schweizer General, weil er, der Bänz, am Firmament der Wolken Dunkelheit erkennt? Blickt man auf das verfloss'ne Jahr, ist auch dem Hintersten wohl klar: Es ging schon besser uns'rer Welt, zu viel geschah, was nicht gefällt, und es bedrohen sie Gefahren weit mehr und stärker als vor Jahren.

Dass sich nicht alle würden freuen auf den ja nicht mehr völlig Neuen im Oval Office, war schon klar gleich nach der Wahl im letzten Jahr. Wer fand, dies sei zwar zu beklagen, doch liesse sich das noch ertragen, sah sich, der Illusion entleert, rasch eines Besseren belehrt. Der Friedensstifter (selbst ernannt!) und nun auch Ballsaalfabrikant (in Gold glänzt nur der neue Raum: sein «Golden Age» bleibt wohl ein Traum) begann gleich alles umzupflügen, nicht ohne, wie gewohnt, zu lügen. Nicht nur für viele Immigranten und ihre Kinder und Verwandten brachte sein Antritt keinen Segen, er kam auch andern ungelegen und viele andere Zeitgenossen, sind darob mehr als bloss verdrossen. Mit seinen neuen Zollgebühren, die auch die Amis werden spüren, stiess der Politclown weit und breit nur auf Verständnislosigkeit. Vor allem hier in unsrem Lande empfindet man es schlicht als Schande, wie unsre Schwesterrepublik mit uns verkehrt und übt Kritik zuhauf am Maga-Mega-Dealer (wär er doch nur ein Golfball-Spieler!).

Inzwischen hat er, so hofiert, wie er’s bekanntlich ästimiert, und reichlich überdies beschenkt, auch unsre Zölle nun gesenkt. Steht in Helvetien neu fortan das Chlorhuhn auf dem Menuplan und kurven Cybertrucks in Massen in Kürze auf den Schweizer Strassen? Kann man bei uns nicht mehr ersteh'n, weil viel zu teuer, Voltaren und weil uns fehlt das Geld dazu, auch leider nicht mehr Tamiflu? Wird's schlechter geh'n bald den Maladen bei uns dank Donalds Eskapaden? (Schon hinterlässt der Deal auch Spuren: Don trägt jetzt nur noch Rolex-Uhren). Hat sich die Lage jetzt gewandelt, weil man so trefflich hat verhandelt? Oder ist das etwa der Lohn für, mit Verlaub, Prostitution? Kroch man vielleicht wie Infantino schlicht in den A... des blonden Dino?) 

Es steht, ganz klar, nicht mehr zum Besten mit der Beziehung Sam's zum Westen. Man staunt nicht schlecht, wie gut dagegen Don und Wladimir sich heut hegen und näher kommen Schritt für Schritt: Spielt dabei Wahlverwandtschaft mit? Es scheint, die beiden Autokraten planen zum Schaden Dritter Taten. Es wird verdeckt nur ziemlich schlecht: Macht dominiert vermehrt das Recht, transnational wie national, Beispiele gibt’s in grosser Zahl.

Statt die Bevölkerung zu schonen lässt Putin weiter täglich Drohnen über die Ukraine fliegen. Sein Ziel: Er will das Land besiegen, das sich heraus nimmt, sich zu wehren und den Aggressor zu belehren, dass Völkerrecht er ständig bricht, was diesen offensichtlich nicht berührt; natürlich sagt auch er, wie schön es ohne Krieg doch wär, doch Friede scheint sich ihm zu lohnen nur unter Kreml-Konditionen. An diesen hält er eisern fest, zumal das Feld ihm überlässt, es mutet an sich wie ein Hohn, die US-Administration. Statt dass man ihn pönalisiert, wird der Verbrecher honoriert. Was früher galt, gilt nicht mehr viel: Das Wertgefüge weicht dem Deal.

Es steht auch auf verlor'nem Posten das Völkerrecht im Nahen Osten. Dem starken Mann im Jordantal ist dies ganz offenbar egal. Sein Ziel, daraus macht er kein Hehl, das lautet: Erez Israel, und wenn’s nur so ist zu erreichen, dann geht er dafür über Leichen, zumal, wenn er zu Haus dann nicht erscheinen muss vor dem Gericht. Wird so befriedet die Region? Der Glaube dran ist Illusion.

Dass innerhalb von Landesgrenzen das Recht oft Mühe hat, zu glänzen, ist Fakt schon längst und längst bekannt: Ist's nötig noch, dass stets genannt dieselben Staaten werden müssen, in denen täglich man mit Füssen es tritt? Es sei darauf verzichtet, stattdessen sei der Blick gerichtet auf Regionen, wo's vor Jahren noch üblich war, das Recht zu wahren und man nun leider registriert, dass Willkür immer mehr regiert.

Herr Orban sitzt in Budapest im Sattel, wie er meint, so fest, dass er sich immer mehr foutiert um Normen und sich so geriert, als wär sein Eigentum der Staat: fürwahr, ein echter Potentat. Und in der nahen Slowakei ist Robert Fico grad dabei, den Magyar'n zu imitieren, und beide (Zufall bloss?) flattieren dem Kremlherrscher unverhohlen. Gefahren lauern auch in Polen (doch lauern sie erst vor den Toren, und noch ist Polen nicht verloren). Werden vielleicht auch bald die Tschechen für ihren jüngsten Wahlgang blechen? Es fürchten auch schon manche Serben nicht ohne Grund, es könne sterben ihr Rechtsstaat, würd' noch lang regieren Herr Vucic und nicht resignieren. Seit Jahren schon regiert sein Land am Bosporus mit fester Hand grad wie ein Sultan Erdogan und lässt auch keinen Zweifel dran, dass er das weiterhin zu tun gedenkt und dass er nicht wird ruh'n, bis alle seine Erzrivalen, von ihm ergeb'nen Tribunalen verurteilt, sitzen hinter Gittern: Nicht nur Justitia wird’s verbittern.

Als ob dies nicht genug prekär in puncto Rechtstaat jetzt schon wär: Zu werden droht das Recht zur Beute der Macht in einem Lande heute, das stets als dessen Hort man sah: der Freien Land, die USA. Er habe nun «the right to do just anything I want to do», so liess der Präsident verlauten unlängst nicht bloss vor den Vertrauten. Fake News? Mitnichten, akkurat des Chiefs Originalzitat. Und allzu vieles indiziert, dass er dies Recht auch praktiziert.

Wer Sleepy Don nicht akklamiert, wird gleich als «Piggy» tituliert; wer nicht auf seiner Linie ist, ist mindestens ein Kommunist, wenn nicht noch schlimmer, und als Gast nicht mehr erwünscht im Goldpalast. (Dagegen hält man ziemlich viel von Leuten, die zu einem Deal bereit sind, auch wenn sich verstecken mitnichten lässt ihr Dreck am Stecken, und rollt den roten Teppich aus behände vor dem Weissen Haus, etwa, wenn anrückt, ganz zum Gaudi der Trump-Familie, dort ein Saudi). Wer anders denkt, sieht sich bedrängt und wird zunehmend eingezwängt. Nicht auf dem alten Kontinent, den Sie beschimpfen vehement, steht's um der freien Rede Recht, wie Sie, Herr Vance behaupten, schlecht, vielmehr bedroht ist, Sie verzeihen, das freie Wort im «Land der Freien», und dies, was uns mit Sorgen füllt, zunehmend und ganz unverhüllt; das Recht wird täglich ausgehöhlt, wobei die MAGA-Meute grölt. Doch Good Old Europe schaut nur zu und sehnt, ohnmächtig, nach der Ruh', die es genoss so lang, zurück vergeblich sich: verlor'nes Glück.

Last, but not least ist zu beklagen, dass es dem Tierreich an den Kragen jetzt geht, weil es den Schutz entbehrt, den BB lang ihm hat gewährt.

Denk ich an all dies in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht. Es fehlt bislang die Evidenz, dass künstliche Intelligenz uns Rettung vor dem Abgrund bringt. Vielleicht ist’s, wie der Dichter singt, man kann es nur erhoffen, wahr, dass immer dort, wo ist Gefahr, das Rettende auch wächst dabei. Nichtsdestotrotz, wie es auch sei: Wir bleiben unverzagt und heiter und machen unverdrossen weiter. Noch steht, auch wenn ihr droht Gefahr, die Welt zum Glück: Prosit Neujahr!

Hansjörg Reinau-Krayer ([email protected]) wohnt in Binningen und war bis zu seiner Pensionierung am Basler Gymnasium Leonhard als Lehrer für alte Sprachen und Geschichte tätig.

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