Graf fürchtet Handysucht, Schneeberger bekämpft Abzocker-Onlinehandel, und Imark will auf dem Pannenstreifen fahren
Die neue Rubrik BundeshausReports behandelt bundespolitische Themen aus Nordwestschweizer Optik. Zum Start eine Auswahl: Mit welchen Themen sind die Nationalräte und Ständerätinnen aus der Region in dieser Session aufgefallen?
Wenn ein neuer Bundesrat gewählt wird, schaut die Schweiz nach Bern. Doch vieles, was im Bundeshaus entschieden wird, erreicht die Öffentlichkeit kaum – zu weit weg ist die Bundesstadt. Dabei ist es auch in der Nordwestschweiz von Interesse, wie und wofür sich die 14 Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus der Region Basel engagieren. Die neue Rubrik BundeshausReports will dem Rechnung tragen.
Die Beiträge erscheinen alle paar Wochen und widmen sich ausgewählten Themen der parlamentarischen Arbeit im National- und Ständerat, die die Vertreterinnen und Vertreter aus Basel, Baselland und dem Schwarzbubenland anstossen. Zehn zu vier dürfte übrigens das Resultat des Bundesrats-Duells Martin Pfister gegen Markus Ritter bei den Abgeordneten aus der Region Basel gelautet haben.
Handy-Einschränkungen für Kinder?
Die laufende Session geht am 21. März zu Ende. Ständerätin Maya Graf (Grüne, Sissach) hat den Bundesrat mit einem Postulat aufgefordert, mögliche Wege aufzuzeigen, wie Kinder und Jugendliche vor den sozialen Medien geschützt werden könnten – wenn etwa Tiktok oder Instagram sich schädlich auswirken.
Der Bundesrat hat Grafs Vorstoss positiv aufgenommen: Er beantragt dem Ständerat, das Postulat anzunehmen. Die kleine Kammer hat sich diskussionslos hinter das Anliegen gestellt. Jetzt prüft der Bundesrat, ob er aktiv werden und dem Parlament Massnahmen zum Schutz der Jugend vorschlagen will.
Graf hat noch kein Verbot oder konkrete Altersgrenzen gefordert. «Es geht mir darum, dass der Bundesrat eine Auslegeordnung in Auftrag gibt, damit wir über mögliche Massnahmen beraten können», sagt sie auf Nachfrage. Soziale Medien förderten vor allem bei Kindern und Jugendlichen ein sucht-generierendes Verhalten und führten zu Aufmerksamkeitsdefiziten durch ständiges Multitasking. «Wir haben als Gesellschaft die Verantwortung, Kinder und Jugendliche zu schützen – wie etwa beim Alkohol- oder Tabakkonsum.» Kürzlich habe sie eine Sissacher Abschlussklasse im Bundeshaus zu Besuch gehabt und festgestellt, dass die Mehrheit etwa für Tiktok-Einschränkungen für unter 14-Jährige sei.
Gegen Dumping-Onlinehandel in der Schweiz
Nationalrätin Daniela Schneeberger (FDP, Thürnen) sucht nach Massnahmen, wie das mit Dumpingpreisen und betrügerischer Praxis betriebene chinesische Online-Geschäft in der Schweiz eingeschränkt werden könnte. Mit einer Motion verlangt sie vom Bundesrat, dass er die Einfuhr von Gebrauchsgegenständen im Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände reguliert.
Doch der Bundesrat ist dagegen. Kontrollen seien schwierig und würden das Problem nicht lösen, weil nur einzelne Produkte vom Markt genommen würden. Stattdessen schlägt er vor, für vom Ausland aus betriebene Webshops die Domain .ch zu sperren.
«Das nützt nichts, denn diese Unternehmen treten kaum mit der Domain .ch am Schweizer Markt auf», sagt Schneeberger zu OnlineReports. Sie sei enttäuscht. «Der Bundesrat lässt die Schweizer Händler im Regen stehen» und unternehme nichts Wirksames gegen solche wettbewerbsverzerrende Praktiken. «Ich möchte gleich lange Spiesse für alle.»
Ihr Vorstoss sei breit abgestützt. «Schauen wir mal, ob wir im Nationalrat die Mehrheit überzeugen können.» So oder so: Sie werde nicht aufgeben und dran bleiben. Auch beim intransparenten Umgang der Postsendungen aus China. Dazu hat Schneeberger dem Bundesrat ebenfalls Fragen gestellt und bisher keine vollends befriedigenden Antworten erhalten.
Für eine einfachere Umnutzung der Pannenstreifen
In Rheinfelden, in Morges, in Bern oder in Winterthur: Auf Schweizer Autobahnen wird auf neuralgischen Strecken der Pannenstreifen befahrbar gemacht, um Staus aufzulösen. Doch das Prozedere, bis eine solche Massnahme umgesetzt werden kann, dauert Jahre.
Nationalrat Christian Imark (SVP, Fehren) fordert deshalb mit einem Postulat den Bundesrat auf, zu prüfen, die Bestimmungen so anzupassen, dass Pannenstreifen-Umnutzungen in einem vereinfachten Verfahren abgewickelt werden können. Imark hat mit dem Vorstoss vorerst Erfolg: Der Bundesrat beantragt dem Nationalrat, das Postulat anzunehmen.
Ordentliche Spurerweiterungen dauern sehr lange, weil sie selbst bei einem positiven politischen Entscheid mit Einsprachen fast überall hinausgezögert werden. Bei der Umnutzung von Pannenstreifen werde der Charakter des bestehenden Autobahnabschnitts jedoch nicht wesentlich verändert, sagt Imark. «Es ist deshalb angezeigt, in solchen Fällen ein vereinfachtes Verfahren durchführen zu können.» Damit könnten Engpässe effizienter und schneller beseitigt werden.
Den Einsatz von Quantencomputern in der Schweiz fördern
Katja Christ (GLP, Riehen) setzt sich dafür ein, dass Unternehmen, Universitäten, und Start-ups einfacher Zugang zu Quantencomputern haben. Damit rennt sie beim Bundesrat offene Türen ein: Die Landesregierung hat soeben entschieden, ihr Postulat dem Parlament zur Annahme zu empfehlen. Die Inbetriebnahme des ersten physischen Quantencomputers der Schweiz in Arlesheim sei ein Meilenstein für den Technologie- und Wirtschaftsstandort Schweiz.
Eine gezielte Förderung des Quantencomputings erschliesse neue Geschäftsfelder, schaffe hochqualifizierte Arbeitsplätze und sichere die globale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. «Um den Anschluss nicht zu verlieren, muss die Schweiz eine klare Strategie entwickeln», sagt Christ.
Den gefährlichen Missbrauch von Opioiden bekämpfen
In der laufenden Session ist auch die Interpellation von Maya Graf zur Sprache gekommen mit Fragen zur Opioidgabe, zum Opioidverbrauch in der Schweiz und zur Gefahr einer möglichen Epidemie.
Graf möchte, dass der Bund Abklärungen zum Umfang und zur Entwicklung von Opioid-Verschreibungen in medizinischen Behandlungen und der mit dem Konsum schleichenden Abhängigkeit vornimmt. Neue Forschungsdaten zeigen, dass Vergiftungsfälle und Verschreibungen von opioidhaltigen Medikamenten in den vergangenen 20 Jahren auch in der Schweiz stark zugenommen haben. In den USA hat es beim Fentanyl medizinisch begonnen, doch heute ist es eine gefährliche illegale Droge, die mancherorts ausser Kontrolle gerät.
Im Ständerat kritisierte die Baselbieterin, dass der Bundesrat keinen Handlungsbedarf erkenne. «Das lässt mich etwas ratlos zurück», sagt sie. Gegenüber OnlineReports verweist Graf auf eine Studie des Kantonsspitals Baden, die aufzeigt, dass starke Opioide nicht nur gegen Schmerzen bei Krebs, sondern immer häufiger auch zweckentfremdet wegen kleiner Probleme im Bewegungsapparat verschrieben würden. Immerhin, so die Grüne, habe Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider nach der Diskussion im Ständerat zugesagt, dem Problem mit dem Bundesamt für Gesundheit nochmals nachzugehen.
Die Rubrik BundeshausReports beleuchtet Themen der Bundespolitik aus Nordwestschweizer Perspektive. Sie erscheint fortan unregelmässig alle paar Wochen.
Weiterführende Links:
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