Basler Tramgleis-Erneuerung in der Warteschlaufe
Für Verzögerungen machen die BVB gerne Einsprachen verantwortlich. Doch nun blockiert die Trambetreiberin selbst ein geplantes grösseres Projekt – mit einem «rechtlich unzulässigen» Gesuch.
Betroffen ist die Achse entlang der Neubad- und Bundesstrasse zwischen dem Bundesplatz bis zur Kreuzung Laupenring. Hier planen die Basler Verkehrsbetriebe (BVB) auf einer Länge von 1,7 Kilometern umfassende Erneuerungsarbeiten an Gleiskörpern, Fahrleitungen, Werkleitungen für Wasser, Gas und Fernwärme, Abwasserableitungs-Anlagen, Haltestellen und Strassen. Gleichzeitig sollen die Haltestellen behindertengerecht umgebaut werden.
Im vergangenen März reichten die BVB und das zuständige Basler Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens das Gesuch beim Bundesamt für Verkehr ein. Demzufolge sollen im März 2027 die Bauarbeiten starten und im darauffolgenden Juli der gesamte Abschnitt in Betrieb genommen werden. Die Kosten belaufen sich auf gut 13 Millionen Franken.
Zurück an den Absender
Doch wie weit dieser Zeitplan noch eingehalten werden kann, ist fraglich. Denn mit Datum vom 2. Dezember erhielten die Gesuchsteller Post aus Bern. Diese löste in Basel keine Freudensprünge aus: Das Bundesamt für Verkehr (BAV) schickte das Gesuch an die Absender zurück. Die Bundes-Bewilligungsbehörde – so ihre Quintessenz – sehe sich «ausser Stande, das Projekt in dieser Form weiter zu beurteilen».
Grund ist die Vermischung von Tram-Umbau, für den das Bundesamt für Verkehr zuständig ist, und Strassenkorrektionen, für die die kantonale Behörde Bewilligungsinstanz ist. Bei Bauten, die sowohl bahnbetriebliche als auch betriebsfremde Elemente wie Tiefbau enthalten, «rechtfertigt es sich nicht, diese im selben Verfahren zu behandeln», argumentiert das BAV und stützt sich dabei auf einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts.
Koordination «semiprofesionell»
Dieser Fall wirkt verwunderlich, als gehe es um ein mit Unsicherheiten behaftetes Pionierprojekt und nicht um ein Routinebegehren mit bekannten formalen Voraussetzungen. Offensichtlich hatten es die BVB – ein Insider sprach von «semiprofessionell» – unterlassen, bei der Bundesbehörde die korrekten formalen Eingabe-Bedingungen abzuklären. So kam es zu einem Gesuch, das «rechtlich nicht zulässig ist», wie BAV-Sprecher Michael Müller gegenüber OnlineReports erklärt.
Wie nicht anders zu erwarten, sind aber inzwischen beim Bundesamt verschiedene Beschwerden von Organisationen und Privatpersonen eingegangen. So richtet sich die Einsprache von Pro Velo nicht gegen das Tram-Erneuerungsprojekt, sondern «gegen das damit verknüpfte Projekt der Sanierung der Neubadstrasse und die Kreuzung Laupenring» (so Mitverfasser und Veloverkehr-Experte Jörg Vitelli zu OnlineReports). Dort sollen «gemäss Teilrichtplan und Velogesetz erforderliche Massnahmen für den Veloverkehr nicht umgesetzt werden».
Schriftwechsel bereits im Gange
Der Neutrale Quartierverein Neubad wehrt sich indes dagegen, dass die Tramhaltestelle Laupenring aufgehoben wird. Dies sei nämlich angesichts der wachsenden älteren Bevölkerung «nicht zumutbar», findet Präsident Christoph Wydler.
Aber nicht nur die BVB hätten in der Koordination gepatzt. Aus Kreisen der Einsprecher ist die Meinung zu hören: «Auch das Bundesamt für Verkehr hat versagt.» Es habe mit der Rückweisung zu spät reagiert, nämlich zu einem Zeitpunkt, als mit den Eisprechenden bereits Schriftwechsel stattgefunden hatten.
Erst vor wenigen Tagen hat Basel-Stadt nun den Strassenbereich des Bauprojekts separat aufgelegt. Weil unklar ist, ob die ursprüngliche Einsprache in Bern noch gültig ist, wird Pro Velo auch gegen die kantonale Planauflage Rekurs einlegen.
Zeitplan fraglich
Ob der ursprüngliche Zeitplan noch eingehalten werden kann, wird somit immer fraglicher. Thomas Mächler von Pro Velo rechnet bereits mit einer Verzögerung von rund einem Jahr – vorausgesetzt, dass nicht weitere Instanzen angerufen werden. Mächler weist gleichzeitig die Vorwürfe der BVB zurück, die vielen Einsprachen seien für die Verzögerungen hauptverantwortlich. Die letzten Anfechtungen zugunsten des Veloverkehrs seien «grösstenteils gutgeheissen worden».
Als Beispiele nennt Mächler die Klingentalstrasse, die Klybeckstrasse, die Zeughausstrasse und die Kreuzung St. Jakob. Ferner die Austrasse bezüglich der Abbiegemöglichkeit in die Allschwilerstrasse oder Verbesserungen durch das Appellationsgericht an der Burgfelderstrasse. Offen sei noch die Einsprache beim Bundesverwaltungsgericht zum Thema Clarastrasse/Claraplatz. Mächler: «Wir würden sehr gerne auf Einsprachen oder Rekurse verzichten, wenn die Verwaltung wirklich velofreundlich planen würde.»
Stellungnahme: Kein Kommentar
Wenn ein 133 Seiten starker Bericht von einem Bundesamt an die BVB zurückgewiesen wird (das BAV spricht entschärfend von einer «Verfahrensinstruktion»), verlangt die journalistische Fairness eine Stellungnahme der in der Kritik stehenden Institutionen. Doch auf Anfragen von OnlineReports bei BVB, BVD und BAV resultierte reihenweise Null-Inhalt. Substantielle Antworten könnten nicht gegeben werden, «da es sich um ein laufendes Verfahren handelt».
Es scheint, als verspürten die betroffenen Instanzen in ihrer publizistischen Genügsamkeit selbst eine Spur Peinlichkeit.
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