Der Klimawandel reisst eine grosse Wunde in den Farnsberg-Wald

Allein an seiner Westflanke auf der Buuseregg wurden diesen Winter 2,5 Hektaren Wald gefällt. Betroffen sind vor allem Buchen. Sie sind wegen der ungewöhnlichen Hitze der vergangenen Jahre geschwächt oder starben ab.

Gerodete Fläche am Farnsberg zwischen Rickenbach und Buus
Sticht ins Auge: Die Wald-Wunde an der Buuseregg. (Bild: Peter Knechtli)

Der Wald tarnte den Bunker Nr. A3098 während Jahrzehnten. Der zweigeschossige Geschützstand mit 7,5-Zentimeter-Feldkanone war 1940 zur Panzerabwehr eingesetzt worden. Er ist mit seinen Beobachtungs- und Schiess-Scharten auf die Passhöhe Buuseregg zwischen Rickenbach und Buus ausgerichtet.

Jetzt liegt das inzwischen sinnentleerte Beton-Objekt völlig entblösst inmitten von Baumstrünken und Geäst.

«Was ist hier los?»

Als hätte ein Tornado gewütet, sind allein hier an der Westflanke des Farnsbergs zweieinhalb Hektaren Wald verschwunden. Die Kettensägen kamen im vergangenen Winter zum Einsatz. Doch das Ausmass des Kahlschlags wird erst jetzt richtig wahrnehmbar, wenn das zarte Grün spriesst.

«Was ist hier los?», fragen sich entgeisterte Wanderer, wenn sie an den immensen Holzbeigen, die die Waldwege säumen, vorbeigehen.

Die Wald-Wunde an der Buuseregg sticht von weit her ins Auge. Es ist aber nicht der einzige Kahlschlag im Baselbiet. Im Eital zwischen Zeglingen und Tecknau, am Staufen und in vielen anderen Gebieten des Kantons wie Aesch, Pratteln oder Ormalingen mussten kranke oder tote Bäume weichen. Aber die Flanke an der Buuseregg ist wohl die offensichtlichste Folge des aktuellen Eingriffs in den Laubbaum-Bestand.

Abschied vom Buchenwald

Der Grund überrascht nicht. Er ist die logische Konsequenz einer fatalen meteorologischen Entwicklung, die seit Jahren ihre Spuren hinterlässt: Insbesondere die weit verbreiteten Buchen, die im Baselbiet 35 Prozent aller Waldbäume ausmachen, sind der Hitze und dem Mangel an Regen, aber auch Schadstoffen wie Stickstoff und Ozon nicht mehr gewachsen.

«Die aktuelle Erderwärmung findet in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit statt», hielt eine amtliche Dokumentation schon im Jahr 2019 fest.

Die Trockenheits- und Sekundärschäden führten «zu absterbenden Kronenteilen und dem raschen Absterben der Bäume», erklärt Ueli Meier im Gespräch mit OnlineReports. Er ist Leiter des Amts für Wald und Wild beider Basel und ETH-Forstingenieur. Besonders gefährdet sind alte Bäume.

Unvergesslich sind die grossflächig verdorrten braunen Baumkronen im Hardwald im Sommer 2019.

Waldbesitzer für Sicherheit verantwortlich

Das Totholz habe für die durch den Farnsberg verlaufenden Wanderwege und Waldstrassen ein «hohes Sicherheitsrisiko» dargestellt, sagt Meier.

Eine Bäuerin erzählt OnlineReports, dass der Besitzer des Waldes für dessen Sicherheit allein verantwortlich sei. Werde eine Fussgängerin oder ein Biker durch einen herabstürzenden Ast ernsthaft oder gar tödlich verletzt, könne dies für den Waldeigentümer gravierendste finanzielle Folgen haben.

Weil einzelne Eingriffe in alte Waldgebiete die Stabilität des verbleibenden Bestandes stark beeinträchtigen, habe der Zweckverband Farnsberg – ein Zusammenschluss der Waldeigentümer und Bürgergemeinden – beschlossen, die Altbuchen im betroffenen Gebiet «ganz zu räumen».

Widerstandsfähiger durch neue Baumarten

Wo immer möglich blieben hingegen Baumarten wie die Eiche, Föhre oder Mehlbeere von der Säge verschont. Sie sind dem Klimawandel mit seinen langen Hitzephasen, wie sie in den Jahren 2003, 2015, 2017, 2018 und 2020 herrschten, besser gewachsen. Sie sollen auch in Zukunft «als Samenspender für den Wald der Zukunft dienen» (Meier).

Ueli Meier, Kantonsforstingenieur
Ueli Meier, Leiter des Amts für Wald und Wild beider Basel. (Bild: Peter Knechtli)

Die vom Holzschlag betroffene Fläche wird bis im Herbst von herumliegenden Ästen befreit und anschliessend mit Linden, Nussbäumen, Eichen, Föhren und Schneeballblättrigen Ahornen bepflanzt. Diese Arten können klimatologischen Entwicklungen mit Extremerscheinungen wie lange andauernder Hitze besser widerstehen.

Baumstämme bilden riesige Wälle


Die gefällten Baumstämme, in riesigen Wällen entlang der Wege aufgeschichtet, bleiben aber nicht ungenutzt: Rund ein Viertel des anfallenden Holzes aus dem Gebiet Farnsberg wird der Leimholz-Produktion zugeführt; ein weiterer Viertel wird in der Region zu Brennholz verarbeitet. Rund die Hälfte wird zu Hackschnitzeln, wie der erfahrene Chef-Förster erklärt.

Wie der Wald bewirtschaftet und wo er «geräumt» wird, entscheiden die Eigentümer privatwirtschaftlich – hauptsächlich nach den Grundsätzen der Rentabilität. Das bikantonale Amt stellt aber sicher, «dass die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden». Es berät Eigentümer und Forstbetriebe und «fördert mit Beiträgen eine Bewirtschaftung des Waldes, die den öffentlichen Zielen Rechnung trägt».

Dazu gehöre auch «die langfristige Sicherstellung von Waldbeständen, die den klimatischen Veränderungen angepasst sind» oder sich aufgrund der Arten-Zusammensetzung in diese Richtung entwickeln könnten.

Keine namhaften Einwände

Weder Ueli Meier noch dem zuständigen Kreisförster Andreas Etter sind namhafte Einwände gegen den Kahlschlag am Farnsberg bekannt. Im Falle von kritischen Rückmeldungen helfe «oft eine Erklärung der Gründe, Verständnis zu schaffen». Im Vergleich zu Basel-Stadt, wo fast jede Baumfällung den öffentlichen Widerspruch erregt, zeigt sich das Baselbiet gegenüber gröberen Eingriffen verständnisvoller.

Diesen Eindruck bestätigt auch Emanuel Trueb, der Chef der Basler Stadtgärtnerei. Doch sei es im Fall einer geplanten Fällung schwierig, die Reaktionen der Bevölkerung vorauszusagen: Bei grösseren Eingriffen erfolge manchmal – entgegen den Erwartungen – keinerlei Protest, hingegen könne ein einzelner entfernter Baum plötzlich grösseren Widerstand wie Petitionen oder Plakataktionen auslösen.

Im Gebiet Farnsberg war die Grossfällung bei der Buuseregg die einzige Räumung dieses Jahr. Sie sei «die Fortsetzung der bereits in den vergangenen Jahren begonnenen Räumungen an der Westflanke», sagt Meier. Im Bereich der Nordflanke habe es Sturmschäden gegeben, die ebenfalls Eingriffe nötig machten. Ausserdem wurden reguläre Waldpflegearbeiten wie Auslichtungen ausgeführt.

Erst in 20 Jahren wieder «richtiger» Wald

Die Bevölkerung wird sich an die klaffende Wunde am Farnsberg gewöhnen müssen, selbst wenn sich nach einigen Jahren die natürlich aufkommende Verjüngung einstellt. Für Ueli Meier wird das betroffene Gebiet erst dann wieder als Wald wahrgenommen, wenn sich das Kronendach geschlossen hat und man wieder unter Bäumen spaziert und wandert. «Das dauert zwischen 15 und 25 Jahren.»

Aufforstung am Farnsberg
Es braucht Jahrzehnte, bis hier wieder ein richtiger Wald steht. (Bild: Peter Knechtli)

Besonders angesichts der Klimaveränderung wird der Wald in beiden Basel, der einer halben Million Menschen als Erholungsfläche dient, künftig aber weniger zuverlässig eine optisch konstante Anmutung bieten können. Ueli Meier kündigt an: «Leider schreiten die Trockenschäden im ganzen Kanton weiter voran. Es ist deshalb zu erwarten, dass weitere Eingriffe und Räumungen erforderlich sein werden.»

Gegen 40 Prozent der Kantonsfläche besteht aus Wald, weshalb Basel-Landschaft gelegentlich auch «Basel-Waldschaft» genannt wird. Das Amt für Wald und Wild wacht – bei allen Kahlschlägen – darüber, dass dieser Spitzname seiner Bedeutung auch künftig gerecht wird.

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