Auf dem Land einst aufgelöst, spannen die FDP-Frauen nun über die Kantonsgrenze zusammen

Eigentlich ist die Erfolgsquote bei den freisinnigen Frauen gar nicht so schlecht – nur sieht man das kaum. Die bikantonale Bewegung soll das ändern. Oder wie Saskia Schenker sagt: «Frauen ziehen Frauen nach.»

Gründungsanlass der FDP Frauen beider Basel
«Wir sind bestens integriert»: die neue Sektion FDP Frauen beider Basel. (Bild: ZVG)

Zuerst nahm sich Tamara Hunziker die FDP Frauen Basel-Stadt vor. 2021 wurde sie Präsidentin der etwas trägen Sektion und krempelte sie um: neue Strukturen, eine Kommunikationsstrategie, mehr Sichtbarkeit, mehr Gewicht. Seither sind die freisinnigen Frauen im Stadtkanton insbesondere bei Sicherheitsthemen stärker präsent – mit politischen Vorstössen oder Aktionen wie einem Selbstverteidigungskurs für Frauen.

Nach rund vier Jahren im Amt macht Hunziker, auch Vizepräsidentin der Basler Freisinnigen, den nächsten Schritt und steigt zur Chefin der FDP Frauen beider Basel auf. Die bikantonale Sektion wurde am 5. Juni 2025 neu gegründet und geht mit geänderten Statuten aus der Basler Frauen-Sektion hervor.

Man habe immer wieder Anfragen aus dem Baselbiet erhalten, auch hätten sich neue Mitglieder aus dem Nachbarkanton angeschlossen, sagt Hunziker. Gemeinsam mit befreundeten FDP-Frauen vom Land, mit denen die Baslerinnen seit Längerem einen regelmässigen Austausch pflegten, sei dann beschlossen worden, die Kräfte zu vereinen.

Zu diesen gehört auch Nadine Jermann, «treibende Kraft im Baselbiet», wie Hunziker sagt. Die Landrätin und Präsidentin des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden ist Mitglied des Vorstands der neuen Sektion. Als die Buusner Gemeindepräsidentin bei der Nomination der Baselbieter FDP im August für die Nachfolge der scheidenden Bildungsdirektorin Monica Gschwind knapp hinter dem nominierten Regierungskandidaten Markus Eigenmann aus Arlesheim landete, zeigten sich die FDP-Frauen in den Sozialen Medien solidarisch mit «unserer» Nadine Jermann: «Stark gekämpft, knapp verpasst.»

Sechs zu drei

Der Vorstand der bikantonalen Sektion setzt sich aus sechs Vertreterinnen aus Basel-Stadt und drei Vertreterinnen aus Baselland zusammen. Vizepräsidentin ist die Chefin der FDP Oberwil, Anina Andrea Engeler. Wie Jermann gehört von Amtes wegen auch die Basler Grossrätin Silvia Schweizer dem Vorstand an.

Die FDP Frauen beider Basel zählen derzeit 56 Mitglieder, davon sind 80 Prozent bereits der FDP angeschlossen. Über zehn Anträge sind noch pendent und für die nächste Vorstandssitzung traktandiert.

Die Basler Frauen-Sektion der FDP wurde im Jahr 1994 gegründet – daran beteiligt war auch die im vergangenen Jahr verstorbene Elisabeth Spreng Troller. Die frühere Richterin am Basler Zivilgericht kehrte 2021 in den Vorstand der FDP-Frauen zurück. Das Thema Frau sei zentral für sie gewesen, «wohl auch, weil sie sich beruflich meist als einzige Frau in der Männerwelt bewegte», heisst es in einem Nachruf.

Die Geschichte der freisinnigen Frauenbewegung im Stadtkanton begann aber weit vor den 90er-Jahren. Wie es im Jubiläumsbuch «Für Freiheit kämpfen – Die Geschichte des Basler Freisinns» heisst, stellten die freisinnigen Frauen in Basel-Stadt auf Drängen der Zürcher Kolleginnen schon nach dem Zweiten Weltkrieg eine eigene Frauengruppe auf die Beine. Als bürgerliche Frauenorganisationen seien die Freisinnigen jedoch immer etwas im Schatten linker Gruppierungen gestanden. Diese seien in ihrem Auftreten und in der Tonalität ihrer Forderungen forscher aufgetreten.

Baselland: Frauen in Spitzenpositionen

Auch in Baselland gab es eine Frauen-Sektion. Diese wurde aber unter Christine Frey als Präsidentin der Kantonalpartei aufgelöst. Unter anderem mit der Begründung, es brauche keine separate Bewegung, die Frauen seien bei der FDP Baselland bestens aufgehoben. Dies führte dazu, dass sich Saskia Schenker den freisinnigen Frauen in der Stadt anschloss. Die frühere Direktorin des Arbeitgeberverbands Region Basel war während vier Jahren im Vorstand der FDP Frauen Schweiz aktiv. Eine Mitgliedschaft bei einer kantonalen Frauen-Sektion sei für das Engagement Bedingung gewesen, sagt Schenker. Sie freut sich über die bikantonale Sektion: «Ich spüre einen enormen Drive.»

Chrstine Frey ist indes nach wie vor der Meinung, dass es kein «Frauen-Grüppli» brauche. Sie hält solche Bewegungen für «rückwärtsgewandt» und «kontraproduktiv». Man signalisiere damit den Männern, dass Frauen in einer Sonderstellung seien und anders behandelt werden müssten. Das sei falsch. «Diese Opferrolle nervt mich. Wir müssen hinstehen und sagen, was uns nicht passt. Nur so werden wir ernst genommen.»

Obwohl weniger organisiert als in Basel-Stadt, haben es freisinnige Frauen im Landkanton immer wieder in wichtige Gremien geschafft. 2003 wurde Sabine Pegoraro als erste FDP-Frau in die Regierung gewählt, 2015 folgte Monica Gschwind. Sie tritt nun Ende Jahr zurück – damit geht die Frauentradition der FDP in der Kantonsexekutive vorerst zu Ende.

Daniela Schneeberger ist seit 2011 Nationalrätin. Im Landrat hat die FDP 17 Sitze, davon sind sechs von Frauen belegt. Dreimal wurde das Kantonsparlament von freisinnigen Frauen präsidiert; die erste war die inzwischen verstorbene Heidi Tschopp im Amtsjahr 1997/98.

Der Erfolg des weiblichen Freisinns im Baselbiet ist wohl auch auf die starke Verankerung der FDP-Frauen in der Gemeindepolitik zurückzuführen. Das Wirken von Persönlichkeiten wie Christine Mangold in Gelterkinden, Petra Schmidt in Sissach, Marianne Hollinger in Aesch, Nicole Nüssli in Allschwil oder nun Nadine Jermann in Buus strahlt über die Gemeindegrenzen hinaus.

Basel-Stadt: Noch nie eine FDP-Regierungsrätin

Hingegen war in Basel-Stadt der Freisinn bisher noch nie mit einer Frau in der Regierung vertreten. Zuletzt scheiterte Eva Biland bei den Gesamterneuerungswahlen 2024. Sie zog ihre Kandidatur nach dem ersten Wahlgang zurück. Die Riehener Gemeinderätin Silvia Schweizer ist die einzige Frau in der siebenköpfigen Grossrats-Fraktion. Dies dürfte sich im Verlauf der Legislatur aber ändern. Es ist davon auszugehen, dass der frühere Parteipräsident Luca Urgese wegen der Amtszeitbeschränkung vorzeitig zurücktritt; dann würde Tamara Hunziker für ihn nachrücken. Christian Moesch, wie Hunziker und Urgese aus dem Wahlkreis Basel-West, befindet sich ebenfalls in seiner letzten Legislatur.

Bei der LDP, der einflussreicheren Schwesterpartei der FDP, haben die Frauen mehr Erfolg. Im Grossen Rat belegen sie 4 von 13 Sitzen und stellen mit Stephanie Eymann, die zuvor im Baselbiet für die FDP politisierte, eine Regierungsrätin. Zudem gehört die frühere langjährige Parteipräsidentin Patricia von Falkenstein seit Ende 2021 dem Nationalrat an.

Kick-off mit Monica Gschwind

Die neu gegründete bikantonale Sektion soll auch helfen, Frauen besser zu vernetzen und zu motivieren, für ein politisches Amt zu kandidieren. «Frauen ziehen Frauen nach», ist Saskia Schenker überzeugt. Sie habe dies in der FDP-Sektion Sissach und Umgebung so erlebt. Dort übernahm Sandra Jenni von Schenker das Präsidium. Jenni ist auch Schenkers Nachfolgerin im Landrat.

Ausgerechnet für Schenker selbst trifft ihr Leitsatz aber nicht zu: Die 45-Jährige erreichte bei den Nationalratswahlen 2019 und 2023 jeweils den zweiten Platz hinter Daniela Schneeberger. Weil diese aber an ihrem Mandat festhält, ist ein Nachrücken kein Thema. Wohl auch deshalb hat sich Schenker aus der institutionellen Politik zurückgezogen und setzt auf ihre berufliche Karriere als Verbandsfunktionärin.

Die freisinnigen Frauen werden in beiden Basel auch bei Wahlen präsent sein und wie bei den Grossratswahlen 2024 und nun am 19. Oktober bei den Gemeindewahlen in Riehen die FDP-Kandidatinnen mit eigenen Plakaten und Social-Media-Kampagnen unterstützen.

Das Argument, dass Frauen innerhalb des Freisinns zu wenig Wertschätzung entgegengebracht werde, lässt die Präsidentin der neuen bikantonalen Sektion nicht gelten. «Wir sind bestens integriert», sagt Tamara Hunziker. Vielmehr sei das Engagement eine Reaktion auf die stete Kritik von links, bürgerliche Parteien investierten zu wenig in die Frauenförderung. «Wir zeigen, dass dem nicht so ist.» 

Nach der Gründung im Juni findet nun am Freitag in Binningen der eigentliche Kick-off statt. Zu Gast sind die Zürcher Nationalrätin und Präsidentin der FDP Frauen Schweiz, Bettina Balmer, und Noch-Regierungsrätin Monica Gschwind. Balmer wurde in Basel geboren, wo sie auch studierte. Damit schliesst sich der Kreis wieder.

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