Wenn das Festival von einer KI moderiert wird

Eine monotone, generierte Stimme liest die geprompteten Kurzbeschreibungen der Auftretenden herunter. Der Kolumnist ist befremdet.

Besorgter Blick auf Roboter-Sprache
Dieses Bild schlägt das KI-System ChatGPT zur Illustration von Max Kaufmanns Kolumne vor. (Bild: ChatGPT)

Obwohl man dem Thema künstliche Intelligenz seit der Lancierung von ChatGPT kaum ausweichen kann, sträubte ich mich bis anhin, darüber zu schreiben. Die Omnipräsenz des Themas nervt mich. Dazu tragen scharfe Kritiker, die in KI den Untergang alles Kreativen sehen, genauso bei wie absolute Befürworter, die vor lauter Euphorie alles an die Programme abgeben und nicht einmal mehr persönliche E-Mails selbst formulieren.

Interessanterweise erkenne ich keinen klaren Einfluss des Alters auf diese beiden Positionen, auch wenn die Generation meiner Eltern etwas skeptischer ist als meine. Bei aller Ernsthaftigkeit der Thematik und den vermutlich berechtigten Ängsten, dass Menschen in vielen Tätigkeiten noch einmal ersetzbarer werden, bietet KI vielen Boomern auch einfach einen guten Anlass, wieder einmal darüber zu wettern, dass die Jungen heute faul seien und sie selbst es früher in der Schule und im Studium viel strenger hatten.

Nervig finde ich das vor allem, wenn diese Sprüche von denselben Leuten mittleren Alters kommen, die für schlechte Witze mit KI kurze Videos und Bildchen generieren, mit denen sie dann ihre Gruppen- und Familien-Chats fluten.

Der Grund, dass ich dennoch über dieses Thema schreibe, ist aber ein anderer: Erstmals erlebte ich, dass mich der Einsatz von KI wirklich befremdete. Auf einem kleinen Musikfestival im Kanton Aargau, das ich mit einer Freundin besuchte, wurden die Acts vor dem Auftritt von einer KI-Stimme anmoderiert. Statt einer aufgeregten, sich vielleicht auch einmal verhaspelnden Moderator*in aus dem OK las eine monotone, generierte Stimme, so wie man sie vom Google-Übersetzer kennt, die geprompteten Kurzbeschreibungen der Auftretenden herunter.

Weshalb man sich für diese Moderation entschieden hat, weiss ich nicht. Die künstliche Stimme aus dem Off, die eingestreute Pointen emotionslos runterratterte und auf Hochdeutsch schweizerdeutsche Wörter und Anglizismen falsch aussprach, sollte vielleicht auch witzig sein. Mir schien es aber viel eher cringe – also peinlich berührend – und mit der leeren Bühne ziemlich dystopisch.

Meine Abneigung gegen die KI-Moderation rührt wohl daher, dass ich befürchte, irgendwann ebenfalls ersetzt zu werden.

Auf der Rückfahrt aus der Aargauer Provinz nach Basel musste ich mir dann eingestehen, dass meine Abneigung gegen die KI-Moderation wohl daher rührt, dass ich befürchte, irgendwann ebenfalls ersetzt zu werden. In den vergangenen Jahren moderierte ich bei vielen Basler Festivals durch den Abend, mit schönen Erinnerungen trotz Versprechern und Stimm-Überschlägen auf dem vollen Barfüsserplatz.

Pärkli Jam, Bscene, Imagine und Jugendkulturfestival sind meines Wissens noch nicht auf die Idee gekommen, die Moderator*innen durch KI-Prompts zu ersetzen, immerhin. Um einiges bedenklicher ist aber, dass die Hälfte dieser Festivals dieses Jahr aus finanziellen Gründen aussetzen musste und weitere Veranstaltungen wie das HillChill inzwischen auch in Schwierigkeiten stecken.

Für mich gehört ein Sommer voller Festivals zu Basel. Wir sollten alles daran setzen, dass diese Veranstaltungen weiterhin stattfinden können. Vor allem wegen der unzähligen Menschen auf und neben der Bühne, deren Engagement sich keinesfalls durch KI ersetzen lässt.

Kolumne: «Aus meiner Bubble»

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