Budgetdebatte im Landrat

Peter Riebli will dem Strafgericht Personal aufzwingen

Die erste Instanz sei seit Jahren personell unterdotiert, findet der Baselbieter SVP-Präsident und Landrat. Doch die Gerichtsleitung will gar nicht mehr Stellen. Was steckt dahinter?

Peter Riebli
«Das sind inakzeptable Zustände für die Justiz»: SVP-Präsident und Landrat Peter Riebli. (© Foto: Alessandra Paone)

Normalerweise wollen Landrätinnen und Landräte mit Budget-Postulaten finanzielle Mittel für ihre Spezialgebiete locker machen, die entweder über den Vorschlag der Regierung hinausgehen oder im Budget gar nicht vorgesehen sind. Manchmal findet sogar das eine oder andere Postulat im Ratsplenum eine Mehrheit. In den meisten Fällen werden sie jedoch abgelehnt – und jene, die das Geld hätten erhalten sollen, sind enttäuscht.

Ganz anders verhält es sich beim Budget-Postulat von Peter Riebli. Der SVP-Präsident verlangt für das Strafgericht Baselland im Rahmen der Budgetdebatte vom Mittwoch rund 800’000 Franken für zusätzliche 4,8 Stellen (2,7 Gerichtsschreiber-Stellen, 1,1 Kanzlei- und eine Weibel-Stelle). Nur: Die Gerichte wollen gar nicht aufstocken und haben selbst auch keinen Antrag gestellt.

Seit Jahren unterdotiert

Gegenüber OnlineReports begründet Riebli sein Postulat damit, dass die erste Instanz seit Jahren personell unterdotiert und auch in den relevanten Leitungsorganen der Gerichte «eher untervertreten» sei. Durch die Revision der Strafprozessordnung hätten aber einerseits die Fallzahlen zugenommen, und andererseits seien die Fälle komplexer geworden. Die Folge davon seien chronische Arbeitsüberlastung und Fristen, die nicht mehr gehörig eingehalten werden könnten.

«Das sind inakzeptable Zustände für die Justiz», sagt Riebli. Denn dadurch drohe, dass das Beschleunigungsgebot verletzt werde. Als Konsequenz müssten Strafen reduziert werden, bei einzelnen Delikten könnte gar die Verjährung eintreten. Ausserdem habe er bereits im vergangenen Juni, als der Landrat das siebte Strafgerichtspräsidium bewilligte, darauf hingewiesen, dass dieses mit dem notwendigen Personal ausgerüstet werden müsse, betont Riebli. «Denn eine funktionierende Justiz ist das A und das O eines Rechtsstaats.»

Eingriff in die Selbstverwaltung der Gerichte

Nun ist es vom Standpunkt der Gewaltenteilung nicht gerade üblich, dass der Landrat als Oberaufsichtsbehörde in den Stellenplan der Gerichte eingreift. Wer aber die Stellungnahme der Gerichtsleitung zum Postulat liest, gerät erst recht ins Staunen. Denn diese will weder das Geld noch das zusätzliche Personal.

Gemäss dem Bericht der Finanzkommission (Fiko) kritisieren die Gerichte, dass mit dem Budget-Postulat «in die Selbstverwaltung der Gerichte und die Entscheide der Gerichtskonferenz eingegriffen werde». Der Stellenplan gehöre nicht in die Zuständigkeit des Landrats. Und was die Personal-Dotierung angehe, so sei das Verhältnis zwischen Gerichtspräsidien und Gerichtsschreibern beim Strafgericht in der ersten Instanz am höchsten. Zusätzliches Personal beim Strafgericht würde daher das Gleichgewicht innerhalb der Gerichte stören. Auch würde, eine Gleichbehandlung der restlichen Gerichte zu weiteren Mehrkosten von jährlich einer halben Million führen.

Keine Missstände

Die Gerichte bestreiten zudem explizit allfällige Missstände beim Strafgericht. So befinde sich etwa die Anzahl überjähriger Fälle auf einem Tiefstand.

Wenn sich also die Gerichte gegen mehr Personal am Strafgericht wehren, stellt sich die Frage, warum dann ausgerechnet der Präsident der SVP, die stets sparen will, auf mehr Personal beharrt. Riebli stellt im Übrigen gegenüber OnlineReports auch vehement einen Eingriff in die Gewaltentrennung oder in die Gerichtsautonomie in Abrede.

Die Situation scheint jedenfalls anders gelagert zu sein als noch vor rund zehn Jahren. Seinerzeit sprach der damalige Kantonsgerichtsgerichts-Präsident Peter Meier beim Landrat wegen zwei nebenamtlichen Vizepräsidien vor, erhielt aber ein Vollamtpräsidium. Meier meinte darauf schmunzelnd, er habe zwar nur Suppe mit Würstli bestellt, nehme aber gerne stattdessen ein Viergangmenü.

Abseits des ordentlichen Wegs

Nun scheinen die Gericht geradezu die Nahrungsaufnahme zu verweigern. Ein Hinweis auf die Hintergründe findet sich möglicherweise ganz am Schluss des Fiko-Berichts. Hier steht, dass der Landrat bei einer Annahme von Rieblis Postulat versuchen könnte, «organisatorische oder menschliche Unstimmigkeiten über einen Geldbetrag» zu lösen. Zudem bestehe die Gefahr, «dass sich künftig weitere Stellen innerhalb von Gerichten und Direktionen mit ihren Ressourcenbedürfnissen direkt an den Landrat wenden könnten, um die ansonsten geltenden Gremien und Hierarchien zu umgehen (Präjudizieren)».

Das lässt doch sehr vermuten, dass sich innerhalb des Strafgerichts ein Präsidium (oder vielleicht auch mehrere) zu wenig unterstützt fühlt und für sein Anliegen nicht den ordentlichen Weg über die Gerichtskonferenz beschreitet, sondern das staatsrechtlich fragwürdige Nebengleis über die Politik wählt. Dier Gerichte dementieren diese These jedenfalls nicht. Ebenso vermuten politische Beobachter, es könnte sich bei dem Präsidium um eines handeln, das der SVP nahe steht.

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