Unispital Basel schluckt Claraspital – und verzichtet dafür aufs Klinikum 3

Das grösste Basler Privatspital gehört künftig dem Kanton.

Claraspital
Das Claraspital beschäftigt derzeit rund 1200 Mitarbeitende. (Bild: Claraspital)

Wenn die schweizerische Wettbewerbskommission (Weko) nichts einzuwenden hat, kommt es in Basel-Stadt zu einer grossen Spitalfusion. Das Universitätsspital Basel (USB) kauft das Claraspital.

Die Verwaltungsräte und die Kantonsregierung haben dem Deal bereits zugestimmt, wie die Spitäler am Dienstag in einem gemeinsamen Communiqué informieren. Der Weko-Entscheid wird bis Ende Jahr erwartet. Zum Kaufpreis wollen die Spitäler keine Angaben machen.

Hintergrund des Verkaufs seien die «zunehmende Überalterung» und «finanzielle Herausforderungen» beim Kloster Ingenbohl als Trägerschaft des Claraspitals. Die Schwestern hätten sich daher dazu entschlossen, das fast 100-jährige Spital «in neue Hände zu legen». Die Initiative für den Zusammenschluss ging also offenbar von den Verkäuferinnen aus.

Interessant: Das Universitätsspital verzichtet im Gegenzug auf den geplanten Neubau des Klinikums 3. Noch im Februar gab das Unispital bekannt, das 500 Millionen schwere Bauprojekt bei der Schanzen- und Klingelbergstrasse zu überarbeiten und vorerst nur den Sockel bauen zu wollen – ohne Turm. Nun sind die Pläne wieder komplett anders.

Der Verzicht aufs Klinikum 3 «schafft Spielraum für künftige medizinische Entwicklungen im Hinblick auf eine ressourcenschonende, zukunftsorientierte Arealplanung und erhält eine Landreserve für zukünftige Generationen», lautet die Erklärung.

Krebs-Zentrum auf internationalem Spitzenniveau geplant

Die Fusion macht das Basler Universitätsspital zu einem der drei grössten in der Schweiz. Zusammengezählt kommt es neu auf über 55'000 stationäre Patientinnen und Patienten pro Jahr.

Das Claraspital ist das grösste Privatspital im Kanton. Seit rund sieben Jahren besteht zwischen USB und Claraspital mit dem Bauchzentrum Clarunis AG bereits eine Kooperation.

Am Standort Claraspital ist ein Krebs-Zentrum geplant. Hier sollen sich onkologische Leistungen von der Diagnostik über System- und Strahlentherapie bis zur Nachsorge bündeln. Der Anspruch lautet nicht weniger, als internationales Spitzenniveau zu erreichen. Auch soll die Viszeralmedizin (Bauch) weiter gestärkt werden. Die Notfallaufnahme bleibe ebenfalls erhalten.

Darlehen soll umgeschrieben werden

Die Regierung schreibt, dass die Fusion «einen Gewinn für beide Seiten» darstelle und die universitäre Medizin am Standort Basel langfristig gesichert und gestärkt werde. Die Übernahme stehe «in Übereinstimmung mit den unternehmerischen Zielen der Eignerstrategie sowie mit der strategischen Ausrichtung des USB». Sie ermögliche, dass Spitalinfrastrukturen gebündelt werden, «was dem Mengenwachstum entgegenwirken und sich längerfristig auszahlen wird».

Visualisierung Klinikum 3, USB
Visualisierung des geplanten – und nun verworfenen – Klinikum 3. (Bild: ZVG)

Man habe «zur Kenntnis genommen», dass nun auf den Neubau des Klinikums 3 verzichtet werden könne, «weil der klinische Flächenbedarf durch bestehende und ergänzende Infrastruktur am Standort Clara gedeckt werden kann». So könnten die Investitionen in den Campus Gesundheit «wesentlich entlastet werden», hält die Regierung fest. Das bereits bewilligte Darlehen für das Klinikum 3 solle umgewidmet werden.

Angesichts dieser Argumentation steht die Frage im Raum, wie das Unispital bisher den Infrastrukturbedarf für das Klinikum 3 begründete. Aus regionaler Perspektive wird mit der Fusion kein neues Spital hinzukommen.

Immer weniger Private

Mit dem Kauf des Claraspitals wächst das Portfolio des Unispitals weiter an. Das USB hält bereits die Mehrheit am Bethesda, das seinerseits 2024 das Palliativzentrum Hildegard übernommen hat.

Die Privatspitäler, die sich ohnehin schon in einer Konkurrenzsituation mit einem übergrossen Player sehen, dürften weiter unter Wettbewerbsdruck geraten. Die Regierung reguliert das medizinische Angebot über sogenannte Spitallisten. Regelmässig werden Vorwürfe laut, dass das Unispital bevorzugt würde.

Die Konkurrenz wächst auch für das Kantonsspital Baselland. Neuste Zahlen zeigen, dass sich rund 45 Prozent der Baselbieter Patienten im Stadtkanton behandeln lassen, was höhere Kosten zur Folge hat.

Private oft rentabler

Private Spitäler sind im Vergleich zu öffentlichen oft wirtschaftlich erfolgreicher. Das Claraspital verzeichnete 2024 eine EBITDAR-Marge von 12,2 Prozent – das USB erreichte die Hälfte.

Das Universitätsspital beschäftigt heute über 8000 Mitarbeitende, das Claraspital rund 1200. Ein Stellenabbau im grossen Stil ist nicht zu erwarten. Am ehesten muss wohl die Administration zittern. Die Regierung schreibt, dass die Übernahme erlaube, bestehende Doppelspurigkeiten abzubauen.

Spektakuläre Fusion

Kommentare

Christine Keller Keller
Grossrätin SP

Richtige Frage ...

Ich bin grundsätzlich erfreut, dass das Prestigeprojekt Neubau Klinikum 3, dem ich immer kritisch gegenüber gestanden bin, nun «beerdigt» werden soll. Aber OnlineReports stellt genau die richtige Frage: Vor kurzem wurde das Projekt (mit oder ohne Turm jetzt oder später) noch als absolut unverzichtbar dargestellt.

Und nun? Eine Konzentration aller wichtigen medizinischen Disziplinen auf dem Campus in Grossbasel ist offenbar nicht mehr anstrebenswert, die bestehende Infrastruktur reicht aus (das Claraspital steht ja nicht wirklich leer) ...

Dass die Arealenwicklung beim Unispital ressourcenschonend erfolgen soll, begrüsse ich sehr. Bäume und Grün dürfen bleiben!

Florian Suter
Hausarzt im Ruhestand

Ein bemerkenswerter, sinnvoller Entscheid

Ich kann es drehen und wenden, wie ich will – seit ich heute Morgen die Ankündigung dieser Fusion (USB-Claraspital) hörte, überzeugt sie mich und ich kann ihr (unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Informationen) immer überzeugter beistimmen: Das macht, denke ich, wirklich Sinn! Im heutigen Gesundheitswesen sind aus meiner Sicht Fusionen grundsätzlich potentiell erfolgversprechend, nur schon, weil sie meist keine Ausweitung mit sich bringen («Noch mehr vom Gleichen» bringt heute definitiv nichts mehr und muss verhindert werden!).

Bekanntlich stand die Fusion von USB und Kantonsspital Baselland vor einigen Jahren zur Diskussion. Ich habe die Ablehnung an der Urne schon damals sehr bedauert. Mittlerweile gibt sich das KSBL ziemlich spröde – und braucht sich deshalb nicht zu wundern, dass sich das USB nach anderen Partnerschaften umgesehen hat.

Dass Privatkliniken der geplanten Übernahme skeptisch gegenüber stehen, kommt nicht unerwartet. Auch das Argument der rentableren Leistungserbringung durch Privatkliniken war natürlich absehbar – so wenig es freilich vollumfänglich zu überzeugen vermag: Ich würde den Privatkliniken zwar nicht gerade Rosinenpickerei unterstellen wollen, aber sie müssen (mit gewissen Ausnahmen, zugegeben) nur diejenigen Leistungen anbieten, die sie mit vertretbarem Aufwand erbringen können; der «Rest» bleibt eben dann am Zentrumsspital hängen. Hier sollte man genau hinschauen und nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!