Eric Nussbaumer: «Es sind zwei pro-europäische Stimmen»

Anders als die Baselbieter Regierung unterstützen die Regierungs-Kandidierenden Sabine Bucher und Markus Eigenmann die Verfassungsinitiative der EU-Promotoren.

Schweiz- und Europa-Fahnen
Das Vertragspaket der Schweiz mit der EU beschäftigt Politik und Gesellschaft. (© Foto: EDA)

Im Grenzkanton Basel-Stadt ist die Meinung zu europapolitischen Fragen insgesamt klarer als im Baselbiet. Mit Ausnahme der SVP haben sich alle Parteien von links bis rechts und auch die Regierung für die Initiative «Zämme in Europa» ausgesprochen. Diese will, dass sich der Kanton für stabile Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) sowie den Nachbarländern einsetzt. Die Basler Bevölkerung hat Ende September ebenfalls ein klares Signal in Richtung Bund und EU gesendet und den Verfassungszusatz mit einem Stimmenanteil von 65 Prozent angenommen.

Dieselbe Initiative wurde auch im Kanton Baselland eingereicht. Doch hier ist die Situation etwas komplexer. Im Gegensatz zu Basel-Stadt lehnt die Baselbieter Regierung das Begehren ab. Zwar unterstützt sie das Anliegen der Initiantinnen und Initianten, wie sie im Frühling in ihrer Stellungnahme festhielt. Doch vertritt sie die Meinung, dass es Sache des Bundes sei, die Beziehungen zu anderen Nationen oder Länderverbünden wie der EU zu gestalten. Zudem könnten sich die Kantone über ihre Parlamente und weitere Instrumente der direkten Demokratie bereits heute bestens einbringen.

Die vorberatende Justiz- und Sicherheitskommission des Landrats sieht dies aber anders. Sie empfiehlt dem Parlament mit sieben zu drei Stimmen, die Initiative anzunehmen. Die Kommissionsmehrheit ist überzeugt, dass sich ein grosser Teil der Bevölkerung gute Beziehungen zur EU, insbesondere zu den beiden Nachbarländern Frankreich und Deutschland, wünsche. Der Landrat entscheidet am kommenden Donnerstag über die Initiative.

Drei Fragen an die Regierungs-Kandidierenden

Das Baselbieter Initiativ-Komitee von «Zämme in Europa» hat die bevorstehende Abstimmung im Landrat zum Anlass genommen, um herauszufinden, wie die beiden Kandidierenden für die Nachfolge der Bildungsdirektorin Monica Gschwind in der Kantonsregierung zu den europapolitischen Entscheidungen der Zukunft stehen. Die Grünliberale Sabine Bucher und der Freisinnige Markus Eigenmann mussten drei Fragen beantworten.  

Zu den Initiantinnen und Initianten gehören unter anderem SP-Nationalrat Eric Nussbaumer und seine designierte Nachfolgerin im Parlament, Landrätin Miriam Locher, sowie der frühere Baselbieter FDP-Präsident Paul Hofer. Sie wollten von den Regierungs-Kandidierenden wissen, ob sie die Volksinitiative unterstützen.

Die beiden Kandidierenden für die Baselbieter Regierung, Sabine Bucher (GLP) und Markus Eigenmann (FDP), am Wahlsonntag vom 26. Oktober 2025 im Interview mit Telebasel.
Das Duell: Sabine Bucher gegen Markus Eigenmann. (© Foto: Jan Amsler)

Sowohl Bucher als auch Eigenmann begrüssen «gute und stabile Beziehungen mit der EU und den Nachbarländern». Die GLP-Landrätin kündigt an, am Donnerstag im Parlament für die Initiative zu stimmen. Eigenmann hat einzig aus juristischer Sicht Bedenken. Die Bestimmung sei «nicht sehr präzis formuliert» und werde keine unmittelbare Wirkung entfalten. Ansonsten gebe es aber keine Gründe, die Initiative abzulehnen, «und eine Aufnahme der Bestimmung in die Verfassung schadet auch nicht».

Wichtige Abstimmungen

In den nächsten Jahren stehen neben dem Vertragswerk Schweiz-EU weitere wichtige europapolitische Entscheidungen an – etwa die Kompass-Initiative, die mit der Abstimmung über die Bilateralen III zusammenhängt. Sie verlangt nämlich, dass bei solchen Abstimmungen neben dem Volks- auch das Ständemehr gelten soll. Ausserdem wird auch die Nachhaltigkeitsinitiative der SVP, die sich gegen eine «10-Millionen-Schweiz» richtet, vors Volk kommen. Als Regierungsrätin oder Regierungsrat werden auch Bucher und Eigenmann dazu Stellung beziehen müssen. Wie setzen sie die Prioritäten?

Die Grünliberale und der Freisinnige sind sich einig, dass das Vertragspaket Schweiz-EU die zentralste europapolitische Abstimmung in nächster Zeit sein wird. Es gehe dabei um «nichts weniger als die Neuordnung der Beziehungen mit der EU, unserem wichtigsten Handelspartner», schreibt Bucher. Sie vertritt damit klar den Kurs ihrer Partei. Die GLP hat sich schon sehr früh für die Verträge ausgesprochen. Eigenmann sieht das ebenso. Weil die Materie komplex sei und derzeit «viele Halb- und Unwahrheiten» verbreitet würden, fordert der Arlesheimer Gemeindepräsident eine «intensive öffentliche Diskussion».

Die letzte Frage des Initiativ-Komitees betrifft die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und damit einen wesentlichen Punkt für die exportorientierte Nordwestschweiz. Was sind für Bucher und Eigenmann hierzu die wichtigsten europapolitischen Überzeugungen und Werthaltungen?

Buchers Antwort lautet: Offenheit statt Abschottung, Verlässlichkeit und Partnerschaft, Nachhaltigkeit und Fairness. Die Grundüberzeugungen der Sissacher Landrätin decken sich mit jenen von Rot-Grün. Der Wohlstand der Schweiz und die Innovationskraft basierten auf internationale Zusammenarbeit. Deshalb dürfe man nicht als «passiver Zuschauer» auftreten. Und Europapolitik solle nicht nur ökonomisch gedacht werden, sie müsse auch ökologisch und sozial verantwortungsvoll sein.

Eigenmann erachtet die Personenfreizügigkeit für Menschen, die eine Stelle in einem anderen Land antreten, für zentral. Vereinfachungen im grenzüberschreitenden europäischen Handel sowie in der Zusammenarbeit zwischen europäischen Universitäten seien für die Region ebenfalls äusserst wichtig. Der Freisinnige betont aber, dass die Migration von Menschen ohne Aussicht auf einen positiven Asylentscheid oder eine Arbeitsstelle in Kooperation mit den umliegenden Ländern möglichst eingedämmt werden sollte, «um Menschen nicht unbegründet Hoffnung auf eine Aufnahme zu machen».

Nussbaumer unterstützt Bucher

Die Antworten der beiden Kandidierenden zeigen: Europapolitisch spielt es keine grosse Rolle, ob Bucher oder Eigenmann in die Regierung gewählt wird. «Es sind zwei pro-europäische Stimmen», stellt auch Eric Nussbaumer fest. Als Präsident der Europäischen Bewegung Schweiz freut sich der Baselbieter SP-Nationalrat insbesondere darüber, dass bei der Initiative «Zämme für Europa» beide die Bestimmung in der Kantonsverfassung verankern wollen – im Gegensatz zur aktuellen Regierung.

Als Freisinniger hätte Eigenmann ja auch eine andere Haltung haben können, sagt Nussbaumer. Der Sozialdemokrat spielt auf den konservativen Flügel der FDP an, der die Verträge der Schweiz mit der EU ablehnt. Die FDP-Delegierten haben Mitte Oktober Ja zum Vertragspaket und Nein zum Ständemehr gesagt. Eigenmann gehöre erfreulicherweise dem progressiven Lager an, sagt Nussbaumer. 

Im Regierungs-Wahlkampf portiert Nussbaumer parteitreu die Grünliberale Sabine Bucher und stellt sich somit hinter den Deal der SP mit der GLP.

Weiterführende Links:

Alle Beiträge über die Ersatzwahl von Monica Gschwind finden Sie in unserem Dossier.

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