Applaus, Applaus für Moni Gschwind

Die Satirikerin verabschiedet sich von der Baselbieter Bildungsdirektorin.

Carmela Monsanto, Satirikerin
(Bild: Alessandro Ballato)

Stell dir vor, du stehst vor einem vollen Saal. Stell dir vor, du gibst deinen Abschied bekannt. Stell dir vor, dass nun alle begeistert klatschen.

Nein, das ist kein hämischer Freudentaumel im Tempel der gepflegten Laberzirrhosen. Anlass für den Applaus ist der angekündigte Abschied von Pippi Gschwind aus dem Regierungsrat. Im Landratssaal zu Liestal brandet ihr deshalb eine Standing Ovation entgegen.

Ich fülle mit meiner Reportage aus dem Saal der Ahnungslosen das Sommerloch von «La Monda – il mondo femminile». Darüber wollen die Leserinnen eines Frauenmagazins wie La Monda mehr erfahren. Mehr über starke Frauen wie Pippi.

«Pippi Gschwind ist eine bärenstarke Frau», schreibe ich. «Als ausgebildete kaufmännische Angestellte und Treuhänderin kann sie amerikanische Jets kaufen und gleichzeitig die passenden Verträge abschliessen. Inklusive Technik und Software auf neuestem Stand. Multitasking statt saudumm und Gomorrha.» Auch wenn gerade DJ Trump für die Musik sorgt.

Als Meisterin des eleganten Ausweichmanövers wird sie nach ihrem Abgang ein Stranden an den Gestaden Moskaus genauso zu vermeiden wissen wie die vergangenen zehn Jahre eine unpassende Garderobe. Manch einer kann davon ein Liedchen singen: «Puttin’ on the Ritz».

Ich beobachte im Landratssaal, wie die Applauswellen nicht an Pippi Gschwind abprallen. Heute mal kein Teflon. Auch starke Frauen dürfen gelegentlich ein Tränchen verdrücken. Sowas von emotional.

Dabei ist Pippi Gschwind bekannt als kühle Denkerin. Vor Kurzem wurde sie von Pietro Supino, Verleger der TX Group, um Rat gebeten. Die Staatsanwaltschaft hatte die Redaktion des Wirtschafts-News-Portals «Inside Paradeplatz» durchsucht. Supino wollte unbedingt verhindern, dass seinen Blättern Ähnliches zustösst. Pippi wusste wie: «Sei schneller. Schliess die Redaktionen einfach, bevor die Staatsanwaltschaft kommt. Ich gebe dir 20 Minuten.»

Supino soll genickt haben. Ohne mit der Tränendrüse zu zucken.

Schon Pippis Start ins Regierungsamt überforderte manchen Kritiker. Nicht zufrieden mit der Entwicklung der Baselbieter Schule, mit Harmos und dem Lehrplan 21, trat Pippi auf die Bremse und diktierte den Journalistinnen der Tageswoche ins Notizbuch: «Der Marschhalt stellt keinen Stopp dar, sondern ein Vorwärtsgehen.» Einleuchtend, oder?

«Moni, Moni», skandieren die Baselbieter Parlamentarierinnen und Parlamentarier Pippi Gschwinds Spitznamen. Geklatschte Zuneigung, die kein Ende finden will. Die Euphorie mündet in eine Hymne auf die starke Bildungsdirektorin, die uns eine starke Schule hinterlässt:

Zwei mal drei macht vier Widdewiddewitt und drei macht neune Ich mach’ mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt.

Die SPD verabschiedete neulich Mastermind Saskia Esken so kitschig: «Für die schönsten Geschichten gibt es kein Drehbuch. Sie schreibt das Leben. Deine Geschichte ist so eine. Unerwartet, echt, bewegend. Du kamst, hast gekämpft und gesiegt.» Nils Jocher, Präsident der Baselbieter SP, formulierte es für Pippi noch um einiges liebevoller: «Der Rücktritt von Pippi Gschwind eröffnet Möglichkeiten für ein soziales Baselbiet.»

Inzwischen stehen die Erbinnen und Erben in spe Schlange.

Weltberühmt wurde Pippi, als zwei muslimische Schüler (beide männlich gelesen) ihrer Lehrerin an der Sek Therwil zum Abschied den Handschlag verweigerten. «Ein Schlag ins Gesicht», kommentiere ich, frage aber versöhnlich: «Hätte man sich nicht auf ein Abschiedsküsschen einigen können? Oder zwei?» Doch für Entrüstung war gesorgt.

Die Geschichte ging um die Welt. Sogar australische Medien belagerten unsere Pippi, wollten eine Stellungnahme. Es ging um Werte und Werte, auch um Werte. Es war der heisse Sommer 2016. Wer auf der Nachrichten-Plattform Watson die Geschichte nachliest, der werden weitere Artikel ans Herz gelegt: «Warum wir Trump noch nicht abschreiben sollten». Auch «Traumjob Stuntfrau: Wenn Mama grün und blau geprügelt von der Arbeit kommt».

Inzwischen stehen die Erbinnen und Erben in spe Schlange. Sie alle wollen den Sitz, den Pippi zehn Jahre lang warm gehalten hat. Aufgereiht stehen da Markus Eigenmann (der Herr der Ringe), Rolf Blatter (der Werfer der Ringe), Klaus Kirchmayr (Polit-Gag), Nadine Jermann (im Aufbau), Sven Inäbnit (im Abbau), Daniel Spinnler (baut überall in Liestal), Taulant Xhaka (hat Zeit und Köpfchen, kann singen) und viele mehr. Schlange stehen, als wollten sie in Venedig an der Hochzeit eines Space Girls mit Sugardaddy teilnehmen.

«Moni, Moni»: Die Landrätinnen und Landräte feiern ihre Pippi, fallen sich in die Arme, hohlen zum letzten Handschlag aus. Der bunten Feierclique wird aber auch bewusst, dass die Prophezeiung von Pippis Gegnern schon bald und tatsächlich eintreffen wird: «Ohni Moni.»

Kolumne: «Achtung: Satire!»

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