Die SVP macht der FDP das Leben schwer

Reto Tschudin ist bei der Rechtspartei kein Thema mehr, stattdessen steht Matthias Liechti bereit. Und bei den Freisinnigen mutiert Daniel Spinnler zum Topkandidaten.

Daniel Spinnler, Matthias Liechti
Bald im Wahlkampf? Der Freisinnige Daniel Spinnler (links) und Matthias Liechti von der SVP. (Bild: Collage OnlineReports)

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. So abgedroschen diese Phrase auch sein mag – für Politikerinnen und Politiker ist sie zentral. Sind die beiden Kriterien nicht erfüllt, nützen auch Fleiss, Talent und strategisches Geschick nichts.

Reto Tschudin macht diese Erfahrung bereits zum zweiten Mal. Der SVP-Landrat aus Lausen will Regierungsrat werden; das weiss so ziemlich jeder im Kanton. Schon bei den Gesamterneuerungswahlen im Jahr 2023 bewarb er sich parteiintern für das Amt. Der Zeitpunkt schien ideal, wäre da nicht Sandra Sollberger gewesen. Wegen ihrer Bekanntheit und guter Ergebnisse bei nationalen Wahlen räumte man ihr bessere Chancen ein. Und so zog Tschudin seine Kandidatur zurück.

Ob dies ein guter Entscheid war, ist eine andere Frage. Sollberger schaffte es jedenfalls nicht, die bürgerlichen Wählerinnen und Wähler links von der SVP von sich zu überzeugen. Sie verlor gegen Thomi Jourdan, der als schweizweit erster EVP-Regierungsrat in die Geschichte einging, und die SVP flog aus der Kantonsexekutive.

Landratspräsidium als Hindernis

Mit dem Rücktritt der freisinnigen Bildungsdirektorin Monica Gschwind hätte Tschudin nun nur zwei Jahre später erneut die Möglichkeit, sein Ziel zu erreichen. Doch diesmal ist der Zeitpunkt äusserst ungünstig. Der 40-Jährige wurde Ende Juni für ein Jahr zum Landratspräsidenten gewählt. Die Regierungs-Ersatzwahl findet am 26. Oktober statt; Amtsantritt ist voraussichtlich der 1. Januar. Tschudin müsste während seines Präsidialjahrs Wahlkampf führen und im Fall einer Wahl sein Amt vorzeitig niederlegen.

Noch vor der Wahl zum Landratspräsidenten schien sich Tschudin tatsächlich eine Kandidatur zu überlegen. Er wolle sich alle Optionen offen lassen, sagte er zu OnlineReports. Denn sollte die SVP wirklich mit einer eigenen Kandidatur antreten, wäre er gerne der Auserwählte.

Tschudins Taktieren kam bei seinen Landratskolleginnen und -kollegen nicht gut an: Obwohl über die Parteigrenze hinaus geschätzt, wurde der Jurist und Kantonsangestellte gerade einmal mit 61 von 83 abgegebenen Stimmen zum höchsten Baselbieter gewählt.

Tschudin gibt nicht auf

Nun wird die SVP mit «an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit» (Parteipräsident Peter Riebli) mit einer eigenen Kandidatur zur Ersatzwahl antreten – sehr zum Missfallen der FDP, die Gschwinds Sitz unbedingt verteidigen möchte und sich den Support aller bürgerlichen Parteien wünscht. Doch Tschudin wird nicht als möglicher Kandidat genannt. Stattdessen stehen die beiden Landratsmitglieder Matthias Liechti und Caroline Mall im Fokus, wie das Regionaljournal Basel berichtet.

Wurde Tschudin ausgebootet? Das könne man von aussen her tatsächlich so interpretieren, sagt er auf Anfrage von OnlineReports. Es sei aber nach Gesprächen mit der Parteileitung sein Entscheid gewesen, auf eine Kandidatur zu verzichten. Er wolle sich voll aufs Landratspräsidium konzentrieren. Es gebe zwar keine gesetzliche Grundlage, die einen Wahlkampf während des Präsidialjahrs verbiete, sagt Tschudin. «Ich könnte das moralisch aber nicht mit mir vereinbaren.»

Dass er seinen definitiven Verzicht auf eine Kandidatur erst jetzt gegenüber OnlineReports bekannt gibt, begründet Tschudin mit «strategischen Überlegungen». Im Nachhinein betrachtet, sei dies aber falsch gewesen.

Landratspräsidium für das Jahr 2025/26
Das Parlament strafte Reto Tschudin (Bildmitte) mit einem dürftigen Wahlergebnis ab. (Bild: Kanton BL)

Zum Vorgehen der SVP, nicht bis zu den Gesamterneuerungswahlen mit einer eigenen Kandidatur zu warten, will sich Tschudin nicht äussern. Am Tag von Gschwinds Rücktrittsankündigung hatte er wohl auch aus persönlichen Überlegungen zu bedenken gegeben, dass eine jetzige Kandidatur die bürgerliche Zusammenarbeit gefährden könnte.

«Mir ist klar, dass sich bei der SVP nicht alles um mich dreht und man nicht darauf warten kann, bis der Zeitpunkt für mich stimmt», sagt Tschudin. Das Thema Regierungsrat sei für ihn aber nicht abgeschlossen. «Vielleicht ergibt sich später eine Möglichkeit.»

Caroline Mall vorbelastet

Voraussichtlich Mitte kommender Woche will der Vorstand der SVP eine Empfehlung für den Parteitag vom 14. August formulieren. Es sei auch möglich, dass man Liechti und Mall vorschlage, sagt Riebli.

Matthias Liechti wäre wohl der chancenreichere Kandidat. Als früherer Gemeindepräsident von Rümlingen weist der 45-jährige Raiffeisen-Mitarbeiter bereits Exekutiverfahrung auf. Zudem nimmt man den vierfachen Familienvater und Gleitschirmflieger als besonnenen, pragmatischen Politiker wahr.

Innerhalb der SVP ist Liechti nicht klar einem bestimmten Lager zuzuordnen. Beim Richtungsstreit zwischen dem moderaten und dem radikalen Flügel, der im Frühling 2024 mit der Wahl von Riebli zum Präsidenten endete, hielt er sich zurück. Dadurch gilt er im Gegensatz zu Caroline Mall als unbelastet: Die langjährige Landrätin schlug sich dezidiert auf Rieblis Seite und gehörte zu den schärfsten Kritikerinnen des damaligen Parteipräsidenten Dominik Straumann. Sie dürfte damit zwar bei der SVP-Basis punkten, jedoch weniger bei bürgerlichen Wählerinnen und Wählern ausserhalb der eigenen Partei. Diese bevorzugen in der Regel gemässigte Kandidierende.

Aus freisinniger Sicht dürfte Liechti daher der gefährlichere Kandidat sein. Parteipräsident Melchior Buchs will dies nicht kommentieren. Er hat seinen Ärger über den Alleingang der SVP bereits öffentlich geäussert. Mehr gebe es dazu nicht zu sagen. «Wir wollen uns jetzt auf uns konzentrieren. Denn wie beim Fussball bringt es auch in der Politik nicht viel, zu sehr auf den Gegner zu achten.»

FDP: Dreierticket denkbar

Die Parteileitung der FDP kommt am Montag zusammen, um über die fünf zur Verfügung stehenden Personen zu diskutieren: die Buuser Gemeindepräsidentin und Landrätin Nadine Jermann, der Arlesheimer Gemeindepräsident Markus Eigenmann, der Liestaler Stadtpräsident Daniel Spinnler, der Aescher Landrat Rolf Blatter und der früherer Grüne und Neo-Freisinnige Klaus Kirchmayr.

Ob die Parteileitung dem Parteitag mehrere Kandidierende oder nur jemand vorschlagen wird, ist noch offen. Denkbar wäre ein Dreierticket mit je einem Vertreter aus dem oberen, mittleren und dem unteren Kantonsteil: Jermann, Spinnler, Eigenmann. Blatter, der bereits 63 Jahre alt ist, am rechten Rand der FDP politisiert und der Wirtschaftskammer Baselland sehr nahe steht, dürfte eher nicht infrage kommen. Genauso wenig Kirchmayr, der unter anderem wegen seines Partei-Hoppings (Grüne, Grünliberale, FDP) wenig Sympathien geniesst.

Bis vor Kurzem waren sich Politbeobachter ziemlich sicher, Jermann werde bei der Nomination das Rennen machen. Doch je länger je mehr mutiert Daniel Spinnler zum Top-Kandidaten. Zum einen, weil er als Liestaler sowohl dem Ober- als auch dem Unterbaselbiet zugewandt ist. Zum anderen aber auch, weil die SVP Jemanns ehemaliges Engagement im Bankrat der Basellandschaftlichen Kantonalbank nach dem 100-Millionen-Abschreiber der Bank Radicant zu ihren Gunsten ausschlachten könnte.

Neben FDP und SVP tritt auch die GLP zur Ersatzwahl an. Mit Sabine Bucher, Co-Präsidentin der Partei, steht auch schon die Kandidatin fest. Noch ist unklar, ob und wenn ja, mit wem auch die SP mitmischen wird. Die Partei fällt den definitiven Entscheid an ihrer Delegiertenversammlung am 20. August.

Weiterführende Links:

Wer folgt auf Monica Gschwind?

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