Baselvotes liefert Hintergrund zu allen 600 Abstimmungen seit 1875

Zum Jubiläum der Volksrechte erhält Basel-Stadt als erster Kanton eine Abstimmungsdatenbank – eine Fundgrube für politisch und historisch Interessierte.

Baselvotes-Projektteam mit André Salvisberg, Eva Gschwind, Philipp Messner
Das Baselvotes-Projektteam mit André Salvisberg (links), Eva Gschwind und Philipp Messner. (Bild: ZVG)

In den frühen 1950er-Jahren kämpften die Studenten Alfred Gass, Paul Gutzwiller, Heinrich Ott und Walter Strasser gegen einen Fernseh-Versuchsbetrieb in Basel. Der Grosse Rat hatte einen Staatsbeitrag von 55'000 Franken an das Pilotprojekt gesprochen.

Die vier Kritiker ergriffen das Referendum – mit Erfolg: Am 2. März 1952 sagten 9466 Basler (Frauen durften damals noch nicht abstimmen) und damit 57 Prozent der Abstimmenden Nein zur Vorlage. Die Stimmbeteiligung betrug 27,6 Prozent.

Es bestanden Ängste vor «amerikanischem Schund» und davor, dass die Jugend und die Kultur verludern könnten. Die Befürworter, die in der «bedeutsamen Erfindung» des Fernsehens vielmehr eine Chance für «gediegene Unterhaltung, Bildung usw.» sahen, konnten die Mehrheit nicht überzeugen. Allerdings kam die geplante TV-Versuchsanlage in Münchenstein trotzdem zustande – dank Geldern des Kantons Baselland und Privater.

Inserat AZ, 20.2.1952, Ist der Basler weltfremd?
Inserat in der AZ vom 20. Februar 1952. (Bild: AZ / Staatsarchiv BS)

Dies ist nur eine von über 600 Abstimmungen in Basel-Stadt, die seit der Einführung von Volksinitiative und Referendum stattgefunden haben. Die direktdemokratischen Rechte bestehen in diesem Kanton seit 1875.

Just zum 150-Jahre-Jubiläum hat der Verein Baselvotes nun eine Abstimmungsdatenbank aufgeschaltet (www.baselvotes.ch), die Informationen über alle bisherigen Volksabstimmungen liefert; auch zum kuriosen TV-Referendum. Das Datum der Lancierung ist ebensowenig zufällig: Am 15. September ist Internationaler Tag der Demokratie.

Vorbild Swissvotes

Auf dem Portal sind nicht nur Basis-Informationen wie das Abstimmungsergebnis oder die Kurz-Beschreibungen der Vorlagen zu finden, sondern auch Links zum Abstimmungstext oder zur Parlamentsberatung, Angaben zu den Unterschriftensammlern und sogar Plakate, Bilder und Inserate. Auch OnlineReports hat mit seinem früheren Parolenspiegel zu den Daten beigetragen, wie auf der Website zu lesen ist.

Baselvotes ist das erste Portal, das die direktdemokratische Geschichte eines Kantons in Form eines Abstimmungsportals zugänglich macht. Als Vorbild diente Swissvotes, die Datenbank zu den nationalen Abstimmungen. Der Aufbau sei bewusst ähnlich gehalten, um Forschenden «eine rasche Orientierung und Vergleichbarkeit von Daten zu ermöglichen», wie der Verein in einem Communiqué mitteilt.

Geschichte der Basler Demokratie

Zum Baselvotes-Projektteam gehören Politologin Eva Gschwind, Philipp Messner, der Leiter Plakatsammlung der Schule für Gestaltung Basel, und Historiker André Salvisberg. Baselvotes soll einen «Beitrag zur Basler Abstimmungs-, Behörden- und Parteiengeschichte» leisten, schreibt der Verein. Das Portal bleibt nicht beim jetzigen Stand, sondern soll weiterentwickelt und um die zukünftigen Abstimmungen ergänzt werden.

Übrigens war Basel-Stadt nicht nur beim Fernsehen konservativ, sondern liess sich auch bei der Einführung der Volksrechte Zeit. Nur vier Kantone kamen noch später zur direkten Demokratie. Doch dafür wurden Volksinitiative und Referendum in Basel gleichzeitig beschlossen und erlaubten von Beginn weg grossen Einfluss, weil sie nicht so eng definiert waren wie andernorts. Auch darüber ist auf Baselvotes zu lesen.

Direkte Demokratie in Basel

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