Zürcher Schulmeistereien
Die äusserste Rechte als Retterin der europäischen Liberalen und Konservativen? Ha!
Wir lieben sie. Doch manchmal schmeissen wir sie auch wutentbrannt in eine Ecke. Allerdings, um gleich Reue darüber zu empfinden, der guten, alten Tante NZZ vielleicht doch Unrecht getan zu haben.
Soviel zum Normalfall. Doch was, wenn nach einem Wutanfall die Reue ausbleibt, wie etwa am vergangenen Samstag nach der Lektüre des Leitartikels von Chefredaktor Eric Gujer «Koalition des Stillstands» zur deutschen Regierungsbildung?
Da hat der NZZ-Chef vom Katheder der Zürcher Falkenstrasse aus den schliesslich doch noch gewählten deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz nicht nur nach Strich und Faden geschulmeistert, sondern diesen richtiggehend abgekanzelt – geradeso, als hätte der Spitzenmann der deutschen CDU eben einen Tolggen ins Reinheft gekleckert.
Von einem «präzedenzlosen» Fehlstart Merz’ schreibt Gujer – dabei war CDU-Politiker damals noch gar nicht gestartet – und spricht diesem die Fähigkeit, den «liberalen Konservatismus» in Europa zu verteidigen, schon einmal ab. Um handkehrum seine Hoffnungen auf die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zu setzen, die vielleicht den «pragmatischen Konservatismus» wieder reanimieren könnte.
Die liberal-konservative Meloni? Da dürften die wenigen übrig gebliebenen italienischen Liberalen aber die Stirne runzeln und Melonis «Fratelli d’Italia» still vor sich hin feixen. Und in Frankreich hält der Chefredaktor des Zürcher Leitmediums eine Präsidentin Le Pen quasi für unvermeidlich – trotz eines «fragwürdigen Gerichtsurteils» gegen die Chefin des rechtsnationalistischen Rassemblement National. Als ob der Rechtsstaat bei der äussersten Rechten in ihrem leichtfertigen Umgang mit öffentlichen Geldern doch gefälligst beide Augen zudrücken sollte.
Aber zurück zu Deutschland und zu Friedrich Merz, der eine Änderung der Politik verspricht, dem Eric Gujer aber schon jetzt das Scheitern prophezeit. Und zwar weil «der Ausweg aus dem Stillstand und dem schwarz-roten Elend» nur «über die Zusammenarbeit mit der AfD führt». Mit der gleichen AfD notabene, die auf derselben NZZ-Frontseite vom deutschen Verfassungsschutz «offiziell als extremistisch» bezeichnet wurde.
Das schien Gujer indessen wenig zu kümmern. Da hält man sich doch lieber an den Zürcher Alt-SVP-Bundesrat Ueli Maurer, der mit seinem jovialen «Salü Alice» der AfD-Chefin Alice Weidel schweizerseits die Absolution erteilt hat. Deutscher Verfassungsschutz hin oder her.
Die äusserste Rechte als Retterin der europäischen Liberalen und Konservativen? Das ist, als ob im Baselbiet SVP-Chef Peter Riebli dem in der Sinnkrise steckenden Freisinn wieder auf die Beine helfen müsste.
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