Steuergeschenke heute – Abbau morgen

Die Kolumnistin und SP-Grossrätin ärgert sich über die Bürgerlichen, die zuerst Steuersenkungen durchsetzen und dann Abbaurunden auf Kosten der Schwächsten fordern.

Portemonnaie mit Schweizer Franken.
Das Polster wird kleiner. (© Foto: Jan Amsler)

In der Politik lernt man verlieren.

Das sagt man so leicht, und manchmal stimmts auch. Aber ehrlich gesagt: Mir fällt das nicht immer einfach. Die jüngste Abstimmung zur Abschaffung des Eigenmietwerts hat mich tatsächlich getroffen. Nicht, weil ich besonders am Eigenmietwert hänge, sondern weil ich weiss, was sein Wegfall bedeutet: ein grosses Loch in den öffentlichen Finanzen – rund zwei Milliarden.

Und wer schon nur ein bisschen politisch unterwegs ist, weiss: Sobald das Loch da ist, kommt der Abbau. Wir sehen das in Bundesbern, wo derzeit zum Beispiel beim öffentlichen Verkehr, der Suchtprävention, der Entwicklungszusammenarbeit und bei den Hochschulen gekürzt wird. Wie so oft trifft es die Bildung, die Kultur, das Soziale – also genau jene Bereiche, die eine Gesellschaft zusammenhalten und Chancengerechtigkeit schaffen.

In Basel-Stadt war es in den vergangenen Jahren einfacher, das gebe ich zu. Gute Finanzlage, wenig Druck. Doch das Polster ist kleiner geworden, weil wir verschiedene Steuersenkungen gutgeheissen haben. Und zack, heisst es schon: «Die Ausgaben dürfen auf keinen Fall mehr wachsen!» oder «Mehr liegt nun einfach nicht mehr drin». Der politische Verhandlungsspielraum wird damit kleiner. Und ich bin sicher, diese Entwicklung geht weiter. Selbstverschuldet, weil wir Steuern gesenkt haben.

Abbau ist kein Naturgesetz. Es ist eine politische Entscheidung – eine Folge von anderen politischen Entscheidungen.

Der Zusammenhang zwischen Steuersenkungen und Sparrunden respektive Abbaurunden wird oft ausgeblendet. Erst verteilt man grosszügig Steuergeschenke, und wenn dann die Einnahmen fehlen, heisst es plötzlich, man müsse halt abbauen und kürzen. Man nennt es dann «Entlastungspaket», obwohl es eigentlich fast immer eine Mehrbelastung für die Bevölkerung bedeutet. 

Dieses Spiel beherrschen die bürgerlichen Parteien perfekt. So sehr, dass selbst Linke manchmal diesen Reflex übernehmen: «Wir können uns das nicht leisten.» Und: «Jetzt ist Sparen halt notwendig.» Nein, ist es nicht. Es ist kein Naturgesetz. Es ist eine politische Entscheidung – eine Folge von anderen politischen Entscheidungen. Zum Beispiel weil Vermögenssteuern gesenkt werden, es praktisch keine Erbschaftssteuern oder kaum Kapitalgewinnsteuern gibt. Oder zum Beispiel wegen der Abschaffung des Eigenmietwerts. 

Ja, an solchen Abstimmungssonntagen bin ich eher eine schlechte Verliererin. Es betrübt mich. Auch weil ich weiss, dass der Abbau von Service public jene am meisten trifft, die ohnehin schon wenig haben. Und sicher nicht jene, die die Abstimmung gewonnen haben.

Kolumne: «Mit links»

Kommentare

Ruedi Basler
Sozial-Pädagoge

Rechtsbürgerliche Taktik

Einkommenssteuern, Unternehmenssteuern und Vermögenssteuern wurden in den letzten 30 Jahren stets gesenkt, Erbschaftssteuern teilweise sogar abgeschafft. All das setzten rechtsbürgerliche Mehrheiten durch. Konsumsteuern und KK Prämien sind stets massiv gestiegen. Fazit: Seit Jahre gibt es eine Finanzumverteilung von unten nach oben. Die Abschaffung des Eigenmietwerts nehme ich davon teilweise aus. Noch lange nicht alle ImmobilienbesitzerInnen schwimmen im Geld.

Ich wehre mich aber dagegen, dass ein Eigenmietwert bestehen bleiben soll, nur weil befürchtet wird, dass Rechtsbürgerlich dies beim Fussvolk eintreiben will. Mit dieser Taktik ist vieles von vorn herein zum scheitern verurteilt. Es liegt nun an Links/Grün diese Zusammenhänge mit entsprechender Offensive aufzuzeigen, mit der Hoffnung verbunden, dass dann mal was hängen bleibt und eine Mehrheit aufwacht.

Peter Waldner
20. Oktober 2025 um 09:24

Abbau

Ich habe stets etwas Mühe mit der Wortwahl der Politiker. Hier zum Beispiel «Sobald das Loch da ist, kommt der Abbau»; eine Aussage, die vermutlich stimmt. Der Abbau wird natürlich dann dort erfolgen, wo es dem Volk weh tut, also bei der Bildung, Sicherheit, Sauberkeit, Ordnung etc.

Es scheint vollkommen ausgeschlossen, dass der Staat mal dort spart, wo stets vor den Wahlen gerne darauf hingewiesen wird (Bürokratieabbau, Verwaltung etc.). Dabei sind es gerade die Politiker der Legislative, die Gesetze und Gebote nach dem Prinzip «so viel wie möglich» produzieren, ohne sich Gedanken über die Kosten zu machen, die bei der Exekutive dadurch entstehen; kräfig unterstützt dann erst noch durch die Juristen in der Verwaltung, die dann detaillierte Ausführungsbestimmungen erlassen, die kein Ratsmitglied bei der Kostenkontrolle mehr richtig interessiert. Würden Gesetze nach dem Prinzip «so wenig wie nötig» beschlossen, «Gerechtigkeit» und Schutz nicht an Einzelfällen und phantsievollen Minderheiten ausgerichtet, der Drang nach Bevormundung und staatlichem Besserwissen beherrschter angewandt – darauf kann man den Abbau ausrichten. Wären alle glücklicher.