Hart durchgreifen? Fehlanzeige

Die Kolumnistin und Mitte-Grossrätin wünscht sich mehr Durchsetzungswille in der Kantons- und Landesregierung. Ob Leckerlis helfen würden?

Reka-Checks
(© Foto: Jan Amsler)

Sie schaffen Anreize ohne Ende, damit wir das tun, was wir sollen, und das lassen, was sie nicht wollen. Etwa kürzlich: Wir kriegen Reka-Checks im Betrag von 1500 Franken, wenn wir unser Auto abgeben. Wir selbst und alle über 18-Jährigen in unserem Haushalt müssen erklären, sich in absehbarer Zeit kein neues Auto anzuschaffen. 700'000 Franken lässt sich die Regierung das kosten. Liesse, denn wer gibt schon sein Auto für 1'500 Franken Reka-Guthaben auf, aber lassen wir das, bleiben wir bei den Anreizen. Die zuweilen so manches reizen, bloss das nicht, was eigentlich angereizt werden sollte.

Die Regierungen auf Bundes- und auf kantonaler Ebene reizen uns also und setzen Anreize. Etwa, arbeiten zu gehen, anstatt Sozialhilfe zu beziehen, die Bahn zu nehmen anstatt das Auto. Es bestehen Anreize durch indirekte Steuern wie die Tabaksteuer, damit wir uns gesund verhalten. Gutes Verhalten wird belohnt, schlechtes nicht, wie in der Kindererziehung oder bei der Hundedressur, Leckerlis.

Leckerlis sind auch der Ansporn für herausragende Leistungen in der Privatwirtschaft. Ob beim Pharmariesen oder auf dem Fussballfeld, es regiert das Geld. Denn ob nun Reka-Checks oder Millionen, es sind alles bloss Anreize, ohne welche diejenigen, die die Leistung erbringen, sie nicht erbringen würden. Zu anstrengend, zu mühsam, zu kräfteraubend. Löhne, Gratifikationen, Belohnungen, Benefits – alles dies sind Anreize, Motivationen, ohne die nichts ginge.

Bleibt die Frage, welche Anreize eigentlich die Regierung hat, damit sie den Job richtig macht.

Bundes- und Regierungsräte sind gute Verkäufer, sonst wären sie nicht gewählt worden. Exekutivmitglied zu werden, bringt einige Goodies mit sich. Der Lohn, der nicht ganz so hoch ist wie bei den Kaderstellen der Privatwirtschaft, aber vielleicht höher als der, den man davor hatte. Es kann ein Ziel sein, im Mittelpunkt zu stehen, in der SRF-Arena aufzutreten, in den Zeitungen abgebildet zu sein, interviewt, porträtiert und bewundert zu werden. Man ist «jemand», sogar dann, wenn man kritisiert wird, denn Kritik verfliegt rasch. Man hat Macht.

Liefern sie dann auch ab, holen sie für die Bevölkerung alles heraus, kämpfen sie für uns?

All dies kann für Exekutivmitglieder der Anreiz dafür gewesen sein zu kandidieren, das eigene Konterfei überall aufgehängt zu sehen, stundenlang an Ständen zu stehen, ein eingeschränktes Privatleben zu haben und all den Aufwand auf sich zu nehmen, um schliesslich gewählt zu sein. Jedes Exekutivmitglied hat dabei wieder andere Schwerpunkte, einige nehmen die Publizität bloss in Kauf und wollen die Welt verbessern, wozu sie Macht brauchen, andere sonnen sich in der öffentlichen Aufmerksamkeit und verlassen sich bei den Geschäften auf ihren Beraterstab.

Was ist aber der Anreiz danach, derjenige für eine gute Leistung, wenn sie einmal gewählt sind, unsere Regierungsrätinnen und Bundesräte? Liefern sie dann auch ab, holen sie für die Bevölkerung alles heraus, kämpfen sie für uns?

Exportzölle in die USA von 39 Prozent, für Pharmazeutika 100 Prozent. Verteuerung unseres geplanten neuen Kampfjets F-35. Kantonale, bikantonale Projekte, etwa die Finanzierung der Universität, des UKBB. Leistungsvereinbarungen mit anderen Kantonen. Tut die jeweilige Regierung wirklich alles, um die Interessen der eigenen Wähler durchzusetzen?

Ob beim Bund oder im Kanton – der Eindruck, dass da nicht so verhandelt wird, wie verhandelt werden könnte und sollte, zieht sich wie ein roter Faden durch das Verhalten der Exekutive. Es werden Kompromisse gesucht, man ist zu nachgiebig, telefoniert, ist nett, und überlegt sich Anreize.

Für Trump etwa. Was diesem Präsidenten alles angeboten wurde und wird, damit er doch bitte diese Zölle wieder herunterfährt, können wir an dieser Stelle gar nicht wiederholen. Wir akzeptieren den teureren Preis für den F-35, bestellen einfach insgesamt weniger Flieger, sodass das Inlandbudget wieder stimmt. Brauchen wir denn nicht alle bestellten Jets? Weshalb wurden dann so viele bestellt? Wer in den Gängen der Verwaltung hat diese Verträge verfasst und unterzeichnet; Verträge, die eine einseitige Preiserhöhung zulassen?! Und uns Bodenpersonal wird die Freudenbotschaft überbracht, dass die USA mit einer Reduktion der Bestellmenge einverstanden seien. Halleluja, wir Sieger, wir. Wieso setzt sich der Bundesrat nicht knallhart durch? Bestellung gecancelt, der F-35 ist nicht die einzige Option.

Auf kantonaler Ebene dasselbe in Grün-Rot. Basel-Stadt ist nach Zug im Finanzausgleich die Milchkuh der Nation. Ob Krankenkassenprämien, Spitalkosten, Kosten für Studierende – wir Stadtbasler zahlen drauf. Wir haben schliesslich den Standortvorteil und genug Geld. Und die höchste Kriminalitätsrate der Schweiz, zu wenig Polizisten. Was tut die Exekutive? Lavieren, diskutieren, Kompromisse schmieden, Anreize schaffen, ohne selbst Anreize dafür zu haben, sich für einmal einfach knallhart durchzusetzen.

Vielleicht brauchen nicht wir die Reka-Checks, sondern unsere Regierungen. Leckerlis für die Exekutive. Falls die Leistung stimmt.

Kolumne: «Alles mit scharf»

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