«Viele sehen in einer Mitte-Kandidatur eine reelle Chance, den Ständeratssitz zurückzuholen»
Der Oberwiler Mitte-Landrat will Ständerat werden, daran hat sich auch nach dem Erfolg der FDP bei der Regierungs-Ersatzwahl nichts geändert. Im Wahljahr 2027 setzt er auf die Bisherigen.
Seit Markus Eigenmanns Wahl in die Regierung herrscht bei der FDP Aufbruchstimmung. Der Freisinn könnte Ihnen die Ständeratskandidatur streitig machen – etwa mit Balz Stückelberger. Stört Sie das, Herr Ryf?
Zuerst einmal: Ich freue mich sehr über Markus Eigenmanns Wahl. Es ist zwar knapper geworden als erwartet, aber dank der Unterstützung der SVP sowie einer grossen Mehrheit der Mitte hat es am Ende geklappt. Ohne diese wäre es wohl schwierig geworden. Was ich damit sagen will: Die bürgerliche Allianz war matchentscheidend und hat den Sitz schliesslich gerettet.
Wenn auch erst im zweiten Wahlgang. Und die Mitte Oberbaselbiet ist ausgeschert.
Das ist so. Wobei die Mitte im Oberbaselbiet rein von der Mitgliederzahl her weniger stark ist als im Unterbaselbiet. Ausserdem hat sich auch unser Parteipräsident Simon Oberbeck von Anfang an klar positioniert und sich für die FDP-Kandidatur ausgesprochen – das war wichtig.
Aber zurück zur Ständeratskandidatur.
Es ist legitim und war auch zu erwarten, dass die FDP sich eine Ständeratskandidatur überlegt. Nun müssen die Parteien zuerst intern klären, ob sie antreten möchten. Es ist noch nicht entschieden, ob die Mitte eine Kandidatur stellen wird, und falls ja, ob der Kandidat dann tatsächlich Pascal Ryf heisst. In einem zweiten Schritt ist es an der bürgerlichen Allianz zu entscheiden, wen sie ins Rennen schicken möchte.
Sie haben früh Ihre Ambition kundgetan, für die Baselbieter Bürgerlichen als Ständerat kandidieren zu wollen. Wie sind die Reaktionen ausgefallen?
OnlineReports ist im Frühling auf mich zugekommen. Ich hatte mir bis zu diesem Zeitpunkt kaum Gedanken über eine Kandidatur gemacht, sagte aber, dass ich das Ständeratsamt eine schöne und spannende Aufgabe fände. Schon als Landratspräsident habe ich es sehr geschätzt, den Kanton nach innen und aussen zu vertreten. Ausserdem interessiert mich die Bundespolitik sehr. Die Reaktionen fielen mehrheitlich positiv aus; die kritischen Stimmen kamen vor allem aus der eigenen Partei.
Pascal Ryf politisiert seit 2015 für die Mitte im Baselbieter Landrat; diesen präsidierte er im Amtsjahr 2023/24. 2022 wurde der 46-Jährige in den Oberwiler Gemeinderat gewählt. Der frühere Sekundarlehrer und heutige Unternehmer interessiert sich für die Bundespolitik. Auch deshalb fände er das Ständeratsmandat eine spannende Aufgabe. Ryf wohnt mit seiner Frau und den gemeinsamen drei Kindern in Oberwil – hier ist er aufgewachsen und stark verwurzelt.
Was wurde denn kritisiert?
Es ging zum einen um die Frage, ob eine Ständeratskandidatur ohne die Unterstützung der SVP sinnvoll ist. Einige gehen davon aus, dass es als Mitte nicht ganz einfach wird, die Unterstützung der SVP zu gewinnen. Zum anderen waren Mitglieder der Meinung, dass solche Themen zuerst parteiintern geklärt werden sollten, bevor man sich öffentlich dazu äussert.
Hat man Ihre Ansage als Vorpreschen empfunden?
Dass die Medien meine Ansage als «das neue Selbstverständnis der Mitte» wahrgenommen haben, kam parteiintern gut an. Selbst kritische Stimmen haben sich darüber gefreut, dass wir uns endlich einmal früh positionieren. Aber eben: Man hätte sich gewünscht, dass ich es zuerst intern bespreche und nicht einfach ehrlich eine Frage beantworte.
Welche Interessen vertreten die kritischen Stimmen innerhalb Ihrer Partei?
Ich sehe nicht in die Köpfe hinein. Aber ich glaube, dass der Regierungssitz eine Rolle spielt. Einige befürchten wohl, diesen zu verlieren, wenn wir uns zu stark auf den National- und den Ständeratssitz konzentrieren. Zudem haben es bürgerliche Kandidaturen schwer – das haben die vergangenen Ständeratswahlen gezeigt. Viele sehen in einer Mitte-Kandidatur aber auch eine reelle Chance, den Ständeratssitz nach langer Zeit wieder ins bürgerliche Lager zu holen.
Die Regierungswahlen finden aber vor den nationalen Wahlen statt.
Schon. Es wäre aber sinnvoll, sich rechtzeitig zu positionieren – unabhängig davon, wer kandidiert.
«Ich persönlich fände es toll, wenn Anton Lauber nochmals kommen würde.»
Pascal RyfDie Mitte bangt wohl auch um den Nationalratssitz.
Diese Gefahr schwebt immer wie ein Damoklesschwert über unserer Partei. Dadurch, dass Baselland nun wider Erwarten keinen Sitz abgeben muss, hat sich die Ausgangslage für uns etwas verbessert. Und dass die Mitte 2023 mit Elisabeth Schneider-Schneiter sehr gut abgeschnitten hat, hilft auch. Aber man weiss nie, was die nächsten Wahlen bringen werden. Die Gefahr eines Sitzverlusts ist latent da.
Muss Elisabeth Schneider-Schneiter nochmals antreten, um diese Gefahr abzuwenden?
Es ist weder an mir noch an der Partei, diese Frage zu beantworten. Die Entscheidung liegt einzig und allein bei ihr. Wegen der ganzen Europa-Debatte schliesse ich aber nicht aus, dass Elisabeth nochmals antritt. Sie gehört zu den profiliertesten Politikerinnen in Bern. Es wäre wünschenswert, wenn sie sich nochmals zur Verfügung stellt – auch weil sie der Liste mit ihrer Bekanntheit einen zusätzlichen Boost verleihen würde.
So gesehen müsste 2027 auch Regierungsrat Anton Lauber noch einmal zur Wahl antreten.
Hier gilt dieselbe Antwort: Das muss er entscheiden. Ich persönlich fände es toll, wenn Anton Lauber nochmals kommen würde. So könnte er alle Geschäfte abschliessen. Mit ihm könnten wir ein starkes bürgerliches Dreier-Ticket präsentieren – mit einem Silberrücken von der Mitte, einem frisch Gewählten von der FDP und einem Neuen von der SVP. Abgesehen davon ist Toni ein riesen Stimmenfänger; mit ihm wäre der Mitte-Sitz gesichert.
Die Voraussetzung ist allerdings, dass die Parlamentarische Untersuchungskommission des Landrats zur BLKB nichts findet, das Anton Lauber belastet.
Die Frage ist auch, was man denn erwartet, zu finden. Eine Atombombe, wie Toni Lauber sagt? Ich rechne nicht damit. In der Regel bringt eine PUK ausser hoher Kosten nicht viel. Das haben die Untersuchungen zur Credit Suisse oder auch zum Biozentrum in Basel gezeigt.
Haben Sie sich also gegen eine PUK zur BLKB ausgesprochen?
Nein, ich habe mich letztlich dafür entschieden. Als Regierungspartei wollen wir nicht, dass der Eindruck entsteht, wir hätten etwas zu verbergen.
Weil sich ein paar Bürgerliche nicht trauten, vor den Wahlen dagegen zu stimmen, müssen die Baselbieter Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nun eine teure PUK finanzieren.
Nein, weil offenbar das Bedürfnis nach einer Aufarbeitung vorhanden ist.
«Ich würde mich sehr freuen, wenn Simon Oberbeck dereinst Toni Laubers Nachfolger würde.»
Pascal RyfSollte die PUK doch etwas finden oder Anton Lauber keine Lust auf eine weitere Legislatur haben, könnten Sie ja für die Regierung kandidieren.
Ich schliesse eine Regierungskandidatur nicht per se aus. Aber ich bin sehr gerne Milizpolitiker. Als Regierungsrat müsste ich mein Geschäft und auch mein Gemeinderatsmandat aufgeben. Das würde ich sehr bedauern. Und wie bereits erwähnt reizt mich derzeit vor allem die Bundespolitik.
Kommt hinzu, dass die Rollenverteilung innerhalb Ihrer Partei schon klar ist: Parteipräsident Simon Oberbeck soll auf Anton Lauber folgen.
Die Partei muss ihn zuerst nominieren. Aber mit Simon Oberbeck hätten wir einen sehr valablen Kandidaten für die Regierung. Ich würde mich sehr freuen, wenn er dereinst Toni Laubers Nachfolger würde.
Aber erst im Jahr 2029.
Ideal wäre, Toni Lauber könnte seine Geschäfte abschliessen und im Laufe der Legislatur zurücktreten.
Und Sie könnten an Ihrer Ständeratskandidatur festhalten. Für diese brauchen Sie aber die Unterstützung der SVP. Was für Sie spricht: Präsident Peter Riebli hat durchblicken lassen, dass seine Partei keine Ständeratskandidatur plane. Doch die GLP, deren Stimmen Sie ebenfalls brauchen, kritisiert Ihre Nähe zur SVP. Wie wollen Sie diesen Spagat schaffen?
Mein Smartvote-Profil zeigt, dass ich in den Bereichen Law and Order oder Migrationspolitik praktisch deckungsgleich mit der SVP bin. Ich war früher ja mal SVP-Mitglied. In Deutschland wäre ich ein typischer CSU-Politiker: in sozialpolitischen Fragen eher links und bei wirtschaftspolitischen sehr KMU-nahe. Das ist keine Taktik, sondern entspricht meiner Linie, der ich seit jeher treu bin. Entweder man unterstützt mich als Person samt meiner Haltung, oder eben nicht. Es kommt, wie es kommen muss – ich verbiege mich nicht.
Um eine Chance zu haben, müssen die Bürgerlichen mit einer gemeinsamen Kandidatur antreten. Oder sehen Sie das anders?
Ja,unbedingt. Ausser die Linke kommt mit einem Zweier-Ticket. Dann wäre es durchaus denkbar, dass die Bürgerlichen ebenfalls mit zwei Kandidaten antreten. Nicht aber, wenn Maya Graf erneut antritt oder die SP nur mit Samira Marti kommt. Sie ist eine profunde Kennerin der Bundespolitik, eine profilierte Politikerin mit grossem Potenzial. Ich mag sie persönlich und menschlich sehr. Um den Sitz ins bürgerliche Lager zurückzuholen, braucht es eine starke Kandidatur, hinter der alle stehen können.
Sie sprechen von einem linken Zweier-Ticket: Glauben Sie, dass die Grünen auch kommen?
Es ist immer wieder zu hören, dass es sich Florence Brenzikofer überlegen würde. Und seit der Regierungs-Ersatzwahl wissen wir, dass man nichts ausschliessen sollte.
«Wir sind im Gespräch mit der GLP und lassen die Tür für sie offen.»
Pascal RyfWürden Sie als Ständeratskandidat auch für den Nationalrat kandidieren?
Ja, auf jeden Fall. Das ist sinnvoll.
Ist eine Zusammenarbeit mit der GLP bei den Nationalrats-Wahlen noch realistisch, wenn die Partei Ständerats-Kandidatin Marti unterstützt?
Es müsste im Interesse der Zentrumsparteien sein, dass wir den Mitte-Sitz halten können. Eine Listenverbindung zwischen der Mitte, der GLP und EVP wäre daher sinnvoll. Bei Ständeratswahlen – grundsätzlich bei Majorzwahlen – schert die GLP jeweils aus. 2023 haben die Grünliberalen die Grüne Maya Graf unterstützt, während die Mitte Sven Inäbnit von der FDP portiert hat. Es ist demnach nichts Neues. Ob die Parteibasis der GLP einverstanden ist, Samira Marti zu unterstützen, ist dann eine andere Frage. Wir sind im Gespräch mit der GLP und lassen die Tür für sie offen. Grundsätzlich arbeiten wir auch im Landrat gut zusammen. Es gab Meinungsunterschiede bei der Stellvertreter-Lösung und beim Energiedekret. Aber das gehört dazu und darf auch so sein – wir sind ja zwei verschiedene Parteien.
Was halten Sie von der Idee einer breiten Allianz von der EVP bis zur FDP?
Bei den Nationalratswahlen ist eine Verbindung von der EVP bis zur FDP für die Zentrumsparteien rein arithmetisch die beste Lösung. Aber ich glaube nicht daran, dass eine solche zustande kommt. Vor allem bezweifle ich, dass nach den letzten Regierungs-Ersatzwahlen die FDP Lust hat, mit der GLP zu kooperieren.
Weiterführende Links:
- Dossier zur Ersatzwahl Monica Gschwind
- Kommentar: Der Freisinn ist auferstanden
- Elisabeth Schneider-Schneiter: «Mit wehenden Fähnchen unterzugehen, ist auch keine Lösung»
- Pascal Ryf erwägt Kandidatur: Endlich kommt Bewegung ins Rennen um Maya Grafs Nachfolge im Ständerat
- Pascal Ryf blickt gerne zurück – aber will nach vorne