Die Hitze trifft nicht alle gleich

Die Kolumnistin plädiert für den Wohnschutz und für aktive Bodenpolitik und erklärt die wichtigsten Begriffe zum Thema – aus linker Perspektive.

Wohnungen in Basel
(Bild: Kanton BS)

Es ist heiss. Die Luft steht, die Stadt glüht. Wer einen schattigen Garten, einen luftigen Balkon oder wenigstens eine Wohnung mit Durchzug hat, kann durchatmen. Doch für viele sieht die Realität anders aus: kleine, enge, aufgeheizte Wohnungen, kein Balkon, kein Garten – und selbst der Eintritt ins Schwimmbad wird zum Luxus, weil die Mieten das Monatsbudget auffressen. 

Und die Mieten steigen seit Jahren, gerade in Städten. Noch sind wir hier nicht in Zürich, aber ohne unsere Wohnschutzgesetze wären wir vielleicht längst dort. Und auch in Basel könnte es kippen. Eine aktuelle Studie des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) und der ETH zeigt: In Basel-Stadt verdienen nach einem Ersatzneubau die neuen Mietenden im Schnitt doppelt so viel wie die, die zuvor dort gewohnt haben. Verdrängung ist also real und gewollt, um mehr Profit zu machen.

Und trotzdem, die Mitte Basel-Stadt sammelt Unterschriften für eine Initiative, die rückgängig machen will, was die Stimmbevölkerung erst vor ein paar Jahren zum Wohnschutz entschieden hat. Und auch der Regierungsrat schreibt die Verordnung für die Profitinteressen der Investoren um. Das ist demokratiepolitisch fragwürdig und vor allem für die Mietenden gefährlich.

Das Thema bleibt damit weiterhin auf dem politischen Parkett. Wie bei jedem Thema gibt es Begriffe und Konzepte, die man kennen muss, um mitdiskutieren zu können. Deshalb in Folge ein kleines Glossar (alphabetisch) in Wohnpolitik – selbstverständlich aus linker Perspektive.

Aktive Bodenpolitik

Die öffentliche Hand soll Boden nicht verkaufen, sondern vielmehr aufkaufen, damit er der Spekulation entzogen wird. Dadurch steigen die Bodenpreise nicht weiter an, und Wohnen bleibt langfristig bezahlbar. Diese gekauften Grundstücke können selbst bebaut oder an private gemeinnützige Wohnbauträgerinnen abgegeben werden (siehe auch Gemeinnütziger Wohnungsbau und Vorkaufsrecht).

Gemeinnütziger Wohnungsbau

Gemeinnützig heisst: zweckgebunden, nicht gewinnorientiert und dadurch dauerhaft bezahlbar. Genossenschaften bilden den grössten Teil des gemeinnützigen Wohnbaus ab, aber es können auch Stiftungen oder Aktiengesellschaften gemeinnützig sein. Wichtig ist: Die Wohnungen werden im gemeinnützigen Wohnungsbau nach dem Prinzip der Kostenmiete vermietet und bleiben damit bezahlbar (siehe Kostenmiete).

Kostenmiete

Wenn die Höhe einer Miete die tatsächlichen Betriebs- und Finanzierungskosten einer Liegenschaft deckt, ohne zusätzlichen Renditeaufschlag, spricht man von Kostenmiete. Im Vergleich zu marktüblichen Mieten ist sie oft bis zu 30  Prozent günstiger. Und das Wichtigste: Sie bleibt dauerhaft bezahlbar (siehe Gemeinnütziger Wohnungsbau).

Leerkündigungen oder auch Massenkündigungen

Eine Wohnung wird gekündigt, damit sie leer steht, zum Beispiel für einen geplanten Umbau. Dies ist oft ein Vorwand, um Mietverhältnisse zu beenden und die Wohnung zu einer viel höheren Miete wieder zu vermieten (siehe auch Wohnschutz und Rendite-Sanierungen).

Rendite-Sanierungen oder auch Luxussanierungen

Darunter versteht man Sanierungen, die nicht dem Erhalt der Wohnung dienen, sondern vor allem dazu, die Mieten deutlich zu erhöhen – mit dem Ziel, bei der Neuvermietung mehr Profit zu erzielen. Die Rendite-Sanierung ist oft mit einer vorhergehenden Leerkündigung kombiniert. Sie bilden eine wichtige Ursache für soziale Verdrängung (siehe auch Leerkündigungen und Wohnschutz).

Wohnschutz

Der Schutz von Mieter:innen vor Kündigung, Verdrängung und Mietexplosionen. Heisst konkret: Kündigungen müssen begründet sein, Mieterhöhungen nach Sanierungen sind begrenzt. Wohnschutz ist kein Luxus, sondern essenziell für den sozialen Zusammenhalt. Seit Einführung des Wohnschutzes konnten die Leerkündigungen im Kanton Basel-Stadt drastisch reduziert werden (siehe alle anderen Punkte).

Vorkaufsrecht

Gibt es in verschiedenen Ländern und Städten bereits, in Basel noch nicht. Bedeutet konkret: Beim Verkauf eines Grundstücks oder von Wohnungen hat die öffentliche Hand das Recht, dieses zu erwerben. Damit kann eine aktive Bodenpolitik unterstützt werden (siehe Aktive Bodenpolitik).

Fazit

Wohnen ist mehr als einfach nur ein Dach über dem Kopf. Es ist Lebensqualität, soziale Integration, Schutzraum – auch im Sommer, wenn die Hitze die sozialen Unterschiede auf fast schon brutale Weise sichtbar macht. Apropos: Viele Sozialausgaben wären nicht nötig, würden wir mehr Investitionen in aktive Bodenpolitik tätigen. Das lohnt sich also auch finanziell für den Staat. Man müsste einfach etwas längerfristig denken.

So oder so wünsche ich Ihnen schöne Sommerferien! Ich hoffe, Sie können verreisen oder haben einen schattigen Balkon.

Kolumne: «Mit links»

Kommentare

Peter Waldner
30. Juni 2025 um 08:39

Fehler durch noch mehr Fehler beseitigen?

Unser Land ist erfolgreich und wohlhabend durch eine liberale Wirtschaftspolitik geworden. Definition (Google): «Freie Marktwirtschaft und minimale staatliche Interventionen. Sie setzt auf Eigenverantwortung, Wettbewerb und individuelle Freiheit, wobei der Staat primär als Rahmengeber fungiert, um Eigentumsrechte zu schützen und Wettbewerb zu gewährleisten.»

Das war einst so. Inzwischen haben wir die Erfolgspolitik längst verlassen. Der Staat greift hoheitlich ein und regelt, was das Zeug hält. So auch in Basel, bei Neubau, Renovierung und Mieten, was zu einem unübersehbaren Rückgang von Investitionen in Neubauten von Miethäusern führte und so das Angebot weiter verknappte. Obwohl gerade das Wohnschutzgesetz ein eindeutiger Beweis des Scheiterns dieser «neuen» Politik ist, sollen nicht die Fehler korrigiert werden, sondern der Staat einfach noch mehr eingreifen?

Zu viel Staat durch noch mehr Staat korrigieren? Jetzt ist die Nachfrage – die den Preis diktiert – Schuld an zu hohen Mieten in der ohnehin viel zu heissen Stadt? Die freie Marktwirtschaft, in der Angebot und Nachfrage den Preis definiert, soll also mit Einsatz von Steuergeldern torpediert werden? Damit das Angebot weiter knapp bleibt oder noch knapper wird, ohne dass der Preis steigt? Und so die Zersiedelung unseres Landes weiter forciert wird, weil die Verdichtung der offenbar (trotz Hitze) attraktiven Stadt verunmöglicht?

Dass (gerade minderbemittelte) Leute lieber mitten in den teuren Städten leben müssen, weil sie in der «kühleren» Agglomeration keine gleichwertige Infrastruktur (Post, öV, Gastronomie, Einkaufen etc.) mehr finden, kann nicht der Grund sein? Wäre es nicht eher Aufgabe der Politik, Service public und Bedingungen für private Initiativen in bereits zersiedelten Agglomerationen zu verbessern, um die Nachfrage nach billigem Wohnraum in den teuren Städte zu entlasten? Mal ganz abgesehen von den teuren Bedingungen, in denen gebaut oder renoviert werden darf?