Jetzt muss es die SVP geradebiegen
Parteipräsident Peter Riebli konnte sich vor dem ersten Wahlgang austoben, die Position der wählerstärksten Partei ausspielen. Nun muss er aber beweisen, dass ihm der bürgerliche Sitz wichtiger ist als seine SVP-Show.
Die Zahlen des ersten Wahlgangs zeigen: Hätte die SVP auf eine eigene Kandidatur verzichtet, wäre Markus Eigenmann wohl gewählt worden. Der Freisinnige hat mit einem Anteil von 29 Prozent über das Wählerpotenzial von FDP und Mitte hinaus Stimmen geholt. Nun aber steht der bürgerliche Sitz im zweiten Wahlgang auf der Kippe. Das gute Resultat der grünliberalen Sprengkandidatin Sabine Bucher könnte eine Dynamik auslösen.
Zum einen wird Eigenmann im oberen Kantonsteil, wo Bucher klar dominiert und auch Mall viele Stimmen geholt hat, zulegen müssen. Der sehr urbane Politiker hat bisher wenig Verständnis für die Anliegen der kleinen Gemeinden aufgebracht. Doch auch im Unterbaselbiet hat der FDP-Kandidat Nachholbedarf. Das zeigen die sehr guten Ergebnisse der Grünliberalen in grossen Gemeinden wie Allschwil, Muttenz oder Binningen.
Zum anderen muss Eigenmann die Wählerinnen und Wähler rechts von ihm überzeugen. Die Augen sind auf die SVP und deren Präsidenten Peter Riebli gerichtet. Er muss es nun schaffen, seiner Parteibasis zu erklären, weshalb sie am 30. November für Eigenmann einlegen muss. Obwohl die SVP nach wie vor – und zu Recht – einen Sitz in der Regierung beansprucht. Und obwohl seine Partei eine ganz andere Haltung zu den neuen Verträgen mit der Europäischen Union hat. Das sind schwierige Voraussetzungen, die es so nicht gegeben hätte, hätte sich die SVP zurückgehalten und wäre erst 2027 zur Wahl angetreten.
Nun steht viel auf dem Spiel, auch für Rieblis SVP. Sie könnte die FDP, ihre wichtigste Verbündete, verlieren.
Riebli hatte gute Gründe, eine eigene Kandidatur zu lancieren. Er war es seinen Unterstützerinnen und Unterstützern schuldig. Und Caroline Mall hat tatsächlich nicht schlecht abgeschnitten und einen höheren Wähleranteil erzielt als ihre Partei bei den kantonalen Gesamterneuerungswahlen 2023.
Doch nun steht viel auf dem Spiel, auch für Rieblis SVP. Sie könnte die FDP, ihre wichtigste Verbündete, verlieren. Sollte Bucher die Wahl schaffen und die Freisinnigen erstmals in der Geschichte des Kantons Baselland aus der Regierung verschwinden, ist ein Ende der Bürgerlichen Zusammenarbeit nicht mehr weit. Schon heute gibt es Bestrebungen, eine breite Mitte-Allianz von der FDP bis hin zur EVP zu lancieren – ohne SVP.
Will Riebli seine Partei wirklich derart isolieren? Der Stratege aus Buckten konnte sich vor dem ersten Wahlgang austoben, die Position der wählerstärksten Partei ausspielen. Nun muss er aber beweisen, dass ihm der bürgerliche Sitz wichtiger ist als seine SVP-Show.
GLP-Präsident Thomas Tribelhorn hat am Sonntag taktisch clever auf das Wahlresultat reagiert. Und sofort darauf aufmerksam gemacht, dass seine Kandidatin liberal und darum auch für Bürgerliche wählbar ist. Als Frau aus dem Oberbaselbiet bringe sie zudem zwei gewichtige Argumente mit, weshalb sie – obwohl von einer Kleinpartei – in der Regierung dafür sorgen kann, dass die Bevölkerung angemessen vertreten ist. Fraktionschef Manuel Ballmer hat in einer Stellungnahme gegenüber OnlineReports – ebenso klug – bereits Unterstützung von SVP-Wählenden gefordert und auf diese beiden Vorteile seiner Parteikollegin hingewiesen.
Was rechts die EU-Frage ist, ist links die Juso-Initiative.
Die bürgerlich ausgerichtete Bucher wird ihre Expertise in Finanzthemen ins Spiel bringen und Eigenmann mit seiner Initiative zum Finanzausgleich als Anti-Oberbaselbieter oder zumindest als Vertreter der reichen Gemeinden darstellen. Sie muss dabei aber aufpassen, sich nicht allzu rechts zu positionieren und die rot-grüne Wählerschaft zu verlieren. Bereits mit ihrer Aussage zur Kita-Initiative, sie sei gegen das Giesskannen-Prinzip, hat sie einige Linke verärgert – und dabei all jene bestätigt, die den SP-GLP-Deal ohnehin für einen Murks halten. Die Juso-Erbschaftsinitiative dürfte Bucher ebenfalls kaum unterstützen. Hier muss die GLP-Kandidatin vorsichtig argumentieren. Denn was rechts die EU-Frage ist, ist links die Juso-Initiative.
Unterschiede waren bisher vor allem abseits der Bildungsfragen auszumachen, etwa bei der EU oder der Energie- und Atom-Frage. Solche Themen werden nun an Gewicht gewinnen, und Bucher und Eigenmann werden ihr Profil schärfen müssen, Kante zeigen. Die bisherigen Debatten im Wahlkampf waren zahm. Nun ist mit einer deutlich schärferen Tonart zu rechnen.
Alle Artikel über die Ersatzwahl von Monica Gschwind finden Sie in unserem Dossier.