Bei Wirtschafts- und Finanzthemen auf Parteilinie: Die Baselbieter Nationalrätin Daniela Schneeberger
Die Vizepräsidentin der FDP-Fraktion im Bundeshaus wettert über die SVP. Und sie verrät ihre Pläne fürs Wahljahr 2027.
Vor ihrer Abreise nach Bern an die Herbstsession der eidgenössischen Räte hat es sich Daniela Schneeberger nicht nehmen lassen, in Liestal an der Medienkonferenz von Markus Eigenmann aufzutreten. Der Freisinnige aus Arlesheim will sich im Regierungs-Wahlkampf gegen Caroline Mall von der SVP und die Grünliberale Sabine Bucher durchsetzen.
Die FDP-Nationalrätin unterstützt Eigenmann aktiv. Es geht schliesslich auch darum, den einzigen freisinnigen Sitz in der Baselbieter Kantonsregierung zu verteidigen. Umso mehr ist Schneeberger über die Gegenkandidatur der SVP enttäuscht.
OnlineReports hat die Vizepräsidentin der FDP-Bundeshausfraktion in Bern zu den aktuellen wirtschafts- und finanzpolitischen Themen der Bundespolitik befragt und durchwegs Antworten auf Parteilinie erhalten. In Anbetracht der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump und der angespannten Lage für die Unternehmen sei es für das Gewerbe wichtig, dass sich der Nationalrat dafür ausgesprochen hat, die Bezugsdauer für die Kurzarbeit zu verlängern, sagt die Baselbieterin nach der Abstimmung in der Grossen Kammer. Der Ständerat hat einstimmig Ja gesagt zur Vorlage. Damit habe das Parlament eine Grundlage für eine Massnahme in einer Krisensituation geschaffen.
SVP-Nein «unverständlich»
Auch in diesem Zusammenhang zeigt sich Schneeberger enttäuscht von der SVP. Als Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerbeverbands ist es für sie «unverständlich», dass die SVP die Verlängerung der Kurzarbeit mehrheitlich abgelehnt hat. Ihr Baselbieter SVP-Nationalratskollege Thomas de Courten konnte als Minderheitssprecher immerhin 45 seiner Fraktionskollegen überzeugen, gegen das Begehren zugunsten des Gewerbes zu stimmen. Er erklärte, für seine Fraktion sei die Massnahme nur «Pflästerlipolitik» und «ein Stück weit ein Hüst und Hot».
Schneeberger habe in vielen Gesprächen festgestellt, dass trotz der Herausforderung durch die US-Zollpolitik keine Panik herrsche. Das Gewerbe verhalte sich pragmatisch, handle agil und stelle nicht alles auf den Kopf. Man suche selbst nach Lösungen. Es gelte, alles, was eigenständig möglich sei, anzupacken – etwa indem man diversifiziere und mit Blick auf die Zukunft sich nach neuen Märkten umsehe. Und vielleicht gebe es ja noch eine Lösung mit den USA, zumal man ja auf Ministerebene gut mit der Administration zusammenarbeite. Schneeberger hält nichts von Gegenmassnahmen. «Radikale Forderungen, wie das einige wollen, nützen nichts.» (Lesen Sie hierzu auch das OnlineReports-Monatsgespräch mit Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter.)
Der Fachkräftemangel bereitet Schneeberger aber Sorgen. Sie hat auch deshalb eine Parlamentarische Initiative eingereicht, die das Ziel verfolgt, die Arbeitsmöglichkeiten von Personen im Pensionsalter zu verbessern. «Die lokalen Arbeitsmärkte können durch Wiedereingliederung von Rentnern gestärkt werden, was zu einer besseren wirtschaftlichen Stabilität am Arbeitsmarkt beiträgt», argumentiert die Nationalrätin.
«J+S ist der falsche Ort zum Sparen»
Das Entlastungspaket für die Bundesfinanzen gibt in Bundesbern ebenfalls zu reden. Der Bundesrat hat die Botschaft am vergangenen Freitag verabschiedet; die Beratungen in den Kommissionen beginnen Anfang 2026.
Als Turnerin ist Schneeberger erleichtert, dass der Bundesrat bei den von Finanzministerin Karin Keller-Suter angekündigten Kürzungen der Jugend-und-Sport-Beiträge zurückgekrebst ist. «J+S ist der falsche Ort zum Sparen.»
Könnte es sein, dass es viele solche «falsche Orte» in diesem Entlastungspaket gibt? Tatsächlich müssten auch die Freisinnigen sich an der Nase nehmen: «Für uns ist es wichtig, dass an der Schuldenbremse festgehalten wird und keine Steuern und Abgaben erhöht werden.»
Also soll es nicht wie vorgeschlagen eine höhere Besteuerung der Kapitalbezüge bei der zweiten und dritten Säule geben? «Klar nein», betont Schneeberger. «Wir haben ein Ausgabenproblem und nicht ein Einnahmenproblem.» Die Erträge seien in den vergangenen Jahren stets gestiegen. Wer wie die Linke von beschlossenen Steuergeschenken spreche, liege falsch. Man müsse zu Ausgabenkürzungen bereit sein, wenn es sinnvoll sei. «Manchmal muss man aber auch investieren, um dann mittelfristig zu sparen oder ein Kostenwachstum zu verhindern.»
Die Ausgangslage wird immer schwieriger. Die 13. AHV-Rente muss finanziert werden, und die Armee braucht mehr Mittel. «Die Sorge ist gross.» Sie habe erst am Schluss einer befristeten Mehrwertsteuer-Erhöhung für die AHV zugestimmt, um dem Ständerat einen Schritt entgegenzukommen. «Höhere Lohnbeiträge, wie sie die SP fordert, kommen für uns aber nicht infrage.»
Für die geplanten sechs Milliarden, aber für weniger F-35
Bei der Armee ist die Freisinnige einverstanden, dass die finanziellen Mittel wie vorgeschlagen bis 2032 ansteigen. «Es ist klar, dass die Armee so finanziert werden muss, dass sie verteidigungsfähig ist.» Es brauche neue Flugzeuge und mehr Mittel für das Rüstungsmaterial. Trotz höherer Kosten für die F-35 aus den USA? «Ja, wir müssen an der Beschaffung festhalten.» Der Bundesrat solle die geplanten sechs Milliarden ausschöpfen und «so viele Jets wie möglich» kaufen. «Es ist wichtig, dass wir angesichts der Konflikte keine Verzögerung erfahren.» Sie habe Vertrauen in Bundesrat Martin Pfister, der seine Arbeit gut angehe.
Wie steht Schneeberger als freisinnige Frau zur Individualbesteuerung? Sie zögert kurz, sagte dann aber: «Es ist sicher die fairste Besteuerung.» Die Umsetzung werde aber nicht ganz einfach werden. Die individuelle Besteuerung bilde die gesellschaftliche Realität von heute ab. Keine Lösung ist für sie hingegen die Initiative der Mitte-Partei zur Abschaffung der Heiratsstrafe. Diese würde zu einem enormen Einnahmenausfall führen und stehe im Widerspruch zur Individualbesteuerung.
Wie für ihre Partei sind die Bilateralen III auch für Schneeberger eine schwierige Frage. Zwar sei das wirtschaftliche Interesse gross, dieses werde jedoch auch einen Preis haben, «nämlich Einbussen bei der Souveränität unseres Landes». Es gebe nicht nur die wirtschaftlichen Fragen abzuwägen, sondern auch die künftigen demokratischen Rechte der Bevölkerung. Das Abkommen mit der EU habe Vor- und Nachteile, das müsse sie persönlich «noch austarieren». Klar ist für Schneeberger, dass es dafür eine doppelte Mehrheit braucht. «Eine solch weitreichende Frage muss von Volk und Ständen legitimiert werden.»
Banken: «Die Schraube muss angezogen werden»
Schneeberger befürwortet höhere Eigenkapital-Vorschriften für die international tätigen systemrelevanten Banken. «Ich habe mir das lange überlegt.» Die Schweiz habe bereits zweimal eine Bank retten müssen, deshalb sei es nötig, jetzt die Lehren daraus zu ziehen. Das erwarte die Bevölkerung auch von der Politik, wie sie aus Gesprächen immer wieder spüre. Der Finanzplatz sei für die Schweiz ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. «Wir müssen einen Kompromiss finden, wie wir die Eigenkapital-Vorschriften festlegen. Ich bin schon der Meinung, dass die Schraube angezogen werden muss.» Es sei ihr aber wichtig, einen Unterschied zwischen den global tätigen Banken und den Inlandbanken zu machen. «Inlandbanken dürfen bei den Regulierungen nicht über den gleichen Kamm geschoren werden.» Dies sei auch im Interesse des Gewerbes.
Die Baselbieterin gehört der Kommission für Wirtschaft und Abgaben an. Diese gilt als die wichtigste Kommission des Nationalrats. Sie sei nach wie vor sehr motiviert, ihren Beitrag zur nationalen Politik zu leisten. Auch über das nächste Wahljahr 2027 hinaus? «Ja, das würde ich gerne.»
Mit Schneebergers Ankündigung, 2027 wieder antreten zu wollen, dürften nun die Träume anderer Bewerberinnen und Bewerber für den Nationalratssitz platzen. Eine langjährige Bisherige zu überholen, könnte nämlich schwierig werden. Selbst für jemanden wie Martin Dätwyler. Der Direktor der Handelskammer beider Basel hat mehrfach durchblicken lassen, dass ihn die nationale Politik interessiert.
Saskia Schenker hat Schneebergers Pläne vorhergesehen und wohl auch deshalb beschlossen, die berufliche Karriere der politischen vorzuziehen. Die frühere Landrätin erreichte bei den Wahlen 2019 und 2023 jeweils den zweiten Platz hinter Schneeberger. Wäre diese vorzeitig zurückgetreten, hätte Schenker nachrücken können.
Die Rubrik BundeshausReports beleuchtet Themen der Bundespolitik aus Nordwestschweizer Perspektive. Sie erscheint unregelmässig alle paar Wochen. Hier finden Sie die bisherigen Beiträge.
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