Gutachter kommen zum Schluss: Der BLKB-Bankrat hat es vermasselt

Fehlende Gewaltenteilung, operative Tätigkeit, unvollständige Entscheidungsgrundlagen – die Vorwürfe im GWP-Bericht sind happig. Wie es nun mit der Digitalbank weitergeht, ist offen.

Thomas Bauer
«Dieser Bericht bildet nicht den Schlusspunkt der Vergangenheitsbewältigung»: Thomas Bauer. (Bild: Thomas Gubler)

Thomas Bauer, der neue Bankratspräsident der Baselbieter Kantonalbank (BLKB) und frühere Finma-Verwaltungsratspräsident, kann und will nichts beschönigen. Zu klar ist das Verdikt des am Donnerstag am Hauptsitz der Kantonalbank in Liestal präsentierten Untersuchungsberichts des Beratungsunternehmens Geissbühler Weber & Partner (GWP) zum Radicant-Debakel. 

Dieses hatte im Juli zu Wertberichtigungen der BLKB in Höhe von 105,5 Millionen Franken geführt. In der Folge räumten BLKB-CEO John Häfelfinger und Bankratspräsident Thomas Schneider vorzeitig ihren Posten. Für Bauer ist klar: Die oberste strategische Verantwortung für den Gau trägt der Bankrat als oberstes Führungsgremium.

In den Bereichen der guten Unternehmensführung (Governance), bei den Entscheidungsgrundlagen und bei der Berichterstattung muss sich der Bankrat zum Teil harte Kritik gefallen lassen. Dabei ist die Aufarbeitung mit diesem Bericht, der sich auf den Zeitraum von September 2024 bis zum 3. Juli 2025 beschränkt, noch längst nicht abgeschlossen. Zumal die Untersuchung, so Thomas Bauer, «die ökonomische Sinnhaftigkeit der Investitionsentscheide» ausklammert. «Dieser Bericht bildet nicht den Schlusspunkt der Vergangenheitsbewältigung.»

Numarics wurde zum Verhängnis

Hintergrund der massiven BLKB-Wertberichtigung vom vergangenen Juli (im Übrigen der dritten): Der enttäuschende Geschäftsgang der BLKB-Tochter Radicant Bank warf 2024 die Frage auf, wie die Digitalbank doch noch auf den Erfolgsweg gebracht werden könnte. Den Durchbruch sollte der Zusammenschluss mit dem Unternehmen Numarics bringen – wobei das Treuhandgeschäft der Numarics im Sinne einer Ausweitung des Geschäftsganges in die Radicant integriert wurde. 

Doch der Erfolg blieb aus. Kundenzahlen und Erträge blieben unter den Erwartungen, und die Betriebskosten erwiesen sich als zu hoch. Resultat waren die besagten Wertberichtigungen in dreistelliger Millionenhöhe, die dann den Untersuchungsbericht zur Rolle des Bankrats ausgelöst haben.

Und diese ist alles andere als rühmlich. Der laut Bauer schwerwiegendste Vorwurf lautet, dass die Gewaltenteilung zwischen der Geschäftsleitung und dem Bankrat in der Radicant-Angelegenheit nicht eingehalten wurde. Die Rolle der Geschäftsleitung gegenüber der Radicant AG sei «nicht ausreichend verankert gewesen», heisst es im Bericht. Dies habe zu Risiken hinsichtlich Transparenz, Rollenverständnis und Steuereffizienz geführt. Hinzu kam, dass die Mitglieder des Bankrates «wesentlich stärker in die Transaktion (Übernahme von Numarics) eingebunden waren, als dies im Rahmen einer reinen Aufsichtsfunktion zielführend gewesen wäre». 

«Holschuld»

Oder wie Thomas Bauer zusammenfassend sagt: «Der Bankrat als Aufsichtsorgan war teilweise operativ tätig.» Dabei brauche es gerade bei solchen Transaktionsgeschäften «eine kritische Aufsichtsinstanz». Was der Bankrat unter diesen Umständen naheliegenderweise nicht mehr sein konnte. Entsprechend empfiehlt denn auch der Untersuchungsbericht, die strategische Aufsicht und die operative Führung konsequent zu trennen und die Rolle der Geschäftsleitung zu stärken.

Der zweite Kritikpunkt betrifft die Entscheidungsgrundlagen für den Zusammenschluss. Die GWP kommt zum Schluss, «dass die Entscheidungsgrundlagen des Bankrats nicht vollständig, transparent und ausgewogen waren». Auch seien zentrale Bewertungsannahmen, insbesondere in Bezug auf die Kundenmigration, nicht ausreichend hinterfragt worden. Ob diese absichtlich oder unabsichtlich zurückgehalten wurden, spielt insofern keine Rolle, als sich der Bankrat die notwendigen Unterlagen hätte beschaffen müssen. Bauer spricht von einer «Holschuld». Für solche Fälle empfiehlt die GWP die Unterstützung durch einen unabhängigen Deal Advisor.

Zu spät kommuniziert

Beim dritten Kritikpunkt geht es um die Berichterstattung gegenüber dem Haupteigner, dem Kanton, und der so genannten Ad-hoc-Publizität, das heisst, die Pflicht der Bank als börsenkotiertes Unternehmen, bestimmte kursrelevante Tatsachen zu publizieren.

Während die Regierung gemäss Bericht bis Ende 2024 über den Lauf der Dinge «transparent, zeitgerecht und inhaltlich angemessen» orientiert wurde, wird die Ad-hoc-Publizität kritisiert. Dies, weil der Bankrat einen sogenannten Bekanntgabe-Aufschub verhängte, da die Höhe der potenziellen Wertberichtigung noch nicht feststand. Die GWP kommt zum Schluss, dass eine frühere Ad-hoc-Mitteilung oder zumindest eine «stufenweise Publizierung der finanziellen Lage» angebracht gewesen wäre. «Das gewählte Vorgehen», so der Bericht, «führte dazu, dass die finanzielle und wirtschaftliche Situation zu spät, nämlich erst am 3. Juli 2025 öffentlich bekannt wurde.»

SP hält an PUK fest

Und wie geht der Bankrat nun mit dieser harschen Kritik um? Er nehme sie offen entgegen, «auch wenn in einzelnen Fragen unterschiedliche Sichtweisen auf die Fakten und die von der GWP festgehaltenen Einschätzungen bestehen», sagt Thomas Bauer. Sein Ziel als neuer Bankratspräsident sei, «dass die Bank bis Ende dieses Jahres die Lehren aus dem Numarics-Engagement und der Wertberichtigung abschliessend gezogen hat». Dass einzelne Fragen die Bank über diesen Zeitpunkt hinaus beschäftigen werden, könne er indessen nicht ausschliessen.

Offen ist zurzeit, wie es mit der Tochtergesellschaft Radicant weitergeht. Dass die BLKB, wie es der alte Bankrat beschlossen hatte, diese bis zum Break-Even 2029 mitzieht, ist inzwischen mehr als fraglich. «Der neue Bankrat prüft alle Optionen», sagt Thomas Bauer. 

Genauso unklar ist, welche Rollen der abgetretene BLKB-CEO John Häfelfinger und Regierungsrat Anton Lauber als oberster Finanzchef in der ganzen Geschichte hatten. Die beiden sind an diesem Donnerstagmorgen in Liestal kein Thema. Thomas Bauer verzichtet denn auch, Namen zu nennen.

Die SP Baselland hält nach der Publikation des Berichts an ihrer Forderung nach einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) fest. Für eine umfassende Untersuchung und Darstellung der Sachverhalte sei die Zeit zu kurz gewesen. Zudem habe die GWP keinen Einblick in die Unterlagen der Radicant erhalten. «Nur eine PUK verfügt über die erforderlichen Ressourcen und Kompetenzen, um eine umfassende Untersuchung durchzuführen», schreibt die SP in ihrem Communiqué.

Weiterführende Links:

Radicant-Affäre

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